18. Sonntag im Jahreskreis | 1. August 2021
Eine Minute für das (eine) Leben
Gedanken zum Evangelium (Joh 6,24-35) am 18. Sonntag im Jahreskreis von Lieselotte Riedl-Haidenthaller, Seelsorgeraum Leibnitzer Feld, Pfarre Leibnitz
WOVON LEBEN SIE?
Dazu fällt mir folgende Erzählung über den Aufenthalt des Dichters Rainer Maria Rilke in Paris ein:
Täglich kam Rilke gemeinsam mit einer Französin an einem Platz vorbei, an dem eine Bettlerin zusammengekauert mit der ausgestreckten Hand saß und nie aufsah. Seine Begleiterin gab häufig ein Geldstück, Rilke gab nie etwas. Als ihn seine Begleiterin ansprach, warum er nichts gebe, antwortete er ihr: „Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand.“
Kurz darauf brachte Rilke eine eben aufgeblühte Rose mit, legte sie in die offene, abgezehrte Hand der Bettlerin und wollte weitergehen. Da geschah das Unerwartete: Die Bettlerin blickte auf, sah den Geber, erhob sich mühsam vom Boden, tastete nach der Hand des fremden Mannes, küsste sie und ging mit der Rose davon.
Eine Woche lang war die Alte verschwunden. Dann saß sie wieder am gewohnten Platz. Sie war stumm wie damals, wiederum nur ihre Bedürftigkeit zeigend durch die ausgestreckte Hand. „Aber wovon hat sie denn all die Tage, da sie nichts erhielt, nur gelebt?“, frage die Französin. Rilke antwortete: „Von der Rose . . .“
WOVON LEBEN SIE?
Jesus bietet uns und Ihnen im heutigen Evangelium an: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.
Ein sehr gutes Angebot, scheint mir.
UND WOVON LEBEN SIE?
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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