Weihnachten woanders | Teil 03
Wie soll denn das nur funktionieren?
Nachdem sich alle um den kleinen Küchentisch versammelt haben, sprudelt es aus Mona heraus: „Ich freue mich darauf, dass wir zusammen Weihnachten feiern.“ „Alle“, das ist für die Siebenjährige etwas kompliziert zu beschreiben: Die geschiedenen Eltern Andrea und Franz, Mamas zweiter Ehemann Paul, Papas neue Freundin Ina, die neunjährige Schwester Lena, Papas 16-jährige Tochter Anna sowie Viola und Lennart, zwei weitere Halbgeschwister von Mamas Seite. „Patchwork-Familie“ sagt man seit einiger Zeit dazu.
„Nein, wir haben keine Angst vor Konflikten, die am Heiligen Abend wieder aufbrechen könnten“, betonen die Erwachsenen einstimmig. Auch Ina, die sich gerade erst vor einer Woche den Kindern vorstellte, freut sich auf ihr erstes Fest als Teil dieser Familie: „Ich finde, das Eis ist gebrochen.“ Die neue „Patchwork-Mama“ sieht man als Bereicherung: „Eine weitere Bezugsperson, von der die Kinder lernen können.“ Die Stimmung zu Weihnachten wird also harmonisch sein, davon ist man überzeugt.
Nicht immer fiel es in den letzten Jahren aber leicht, den Heiligen Abend friedlich in der großen Runde zu feiern, gibt Andrea zu: „Wir Erwachsene haben immer wieder Differenzen gehabt, aber für die Kinder wollten wir ein schönes Fest ermöglichen. Für sie haben wir unsere Probleme zurückgesteckt.“ Nach wie vor gebe es gute und schlechte Tage mit dem Ex-Partner: „Manchmal könnten wir uns vor Wut anspringen. Aber man muss sich halt die Dinge immer wieder ausmachen.“ Das ist auch das Rezept für das Gelingen des kommenden Weihnachtsfestes: „Wichtig ist, dass man mit den Kindern redet, sie über alles, was passiert, gut informiert und die Probleme anspricht, die man mit dem Ex-Partner hat“, erklärt Paul, für den Weihnachten in der Kindheit immer eine Qual war. Heute genießt er das Fest: „Es ist eine Frage des Umgangs. Man kann jede Situation meistern.“
Nicht immer fällt es der Familie aber leicht, das Flüstern und Urteilen anderer Dorfbewohner auszuhalten: „Die Vorurteile uns gegenüber sind ein Wahnsinn“, sagt Franz. Und seine Ex-Frau ergänzt: „Viele würden eher verstehen, wenn wir uns die Köpfe einschlagen. Dass wir aber gemeinsam an einem Tisch sitzen und feiern, erscheint ihnen zweifelhaft.“ Diese Rederei belaste besonders auch die Kinder: „Die machen sich viel mehr Gedanken, als man glaubt.“
Andere Patchwork-Familien will man ermutigen, zumindest an diesem Abend „sich selbst zurückzunehmen, mehr auf die Kinder zu schauen und nicht selbstsüchtig die Konflikte auf ihrem Rücken auszutragen“. Das Leben in einer solchen Familiensituation dürfe man nicht als Katastrophe sehen: „Daher kann man auch gemeinsam Weihnachten feiern“, folgert Franz.
Und wie wird man den Heiligen Abend verbringen? „Gemütlich.“ Die „Kinder-Mette“ ist ein Fixpunkt: „Darauf freue ich mich schon sehr“, sagt Andrea. Und während es anschließend Spiele für die Kinder gibt, werden Paul und Franz den Christbaum schmücken. Dann singt man Weihnachtslieder und zündet Sprühkerzen an. Nach der Bescherung tischt man Würstel auf. Und irgendwann endet das Fest „chaotisch, mit vielen Fetzen Papier“.
Geschenke stehen für die Mädels aber nicht im Vordergrund. Viel öfter betont Mona: „Ich finde es schön, dass sich alle auf Weihnachten freuen.“
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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