Israel. Einfache Fragen - überraschende Antworten | Teil 04
Wie Juden den Schabbat begehen
Der Schabbat ist frommen Juden ein heiliger Tag der Ruhe.
Gedenke des Schabbats: Halte ihn heilig! Sechs Tage darfst du schaffen und all deine Arbeit tun. Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun.
Dieser Vers aus dem Buch Exodus (20,8), in dem fromme Juden eine direkte Weisung Gottes sehen, begründet das Arbeitsverbot. Dieses hat nur einen Zweck: die Heiligkeit des Tages, der am Freitagabend beginnt und am Samstagabend endet, zu betonen. Und damit ist der Schabbat mehr als nur ein Ruhetag, er ist die Essenz des Judentums. Er ist der Tag, an dem sich der Mensch in den Rhythmus, den Gott mit der Erschaffung der Welt vorgegeben hat, einordnet. Deswegen begehen fromme Juden diesen Tag in besonderer Weise: Sie kleiden sich feierlich, sie genießen feine Speisen an einem festlich gedeckten Tisch und widmen den Tag Gott und ihrer Familie.
Der Schabbat hat aber auch eine Schutzfunktion für die Hausfrau. In christlichen Gesellschaften ist sie an dem Tag, an dem die Familie um den Tisch sitzt, am meisten belastet. Nicht so im Judentum. Durch das Arbeits- und Feuerverbot ist es ihr nämlich nicht gestattet zu kochen. Die Hausfrau kocht deswegen am Freitag bereits vor und hält das Essen auf einer Platte bis zum Samstag warm. So kann auch sie entspannt mit ihrer Familie bei Tisch sitzen. Wohlhabende jüdische Familien hatten in der Vergangenheit christliche Hausmädchen, die jene Arbeiten erledigten, die Juden selbst untersagt waren. Man bezeichnete diese Mädchen als „Schicksen“.
Liturgisch begeht der Familienvater den Eintritt des Schabbats mit einem Gebet in der Synagoge. Wieder zu Hause segnet er seine Kinder, wäscht sich feierlich die Hände, ehe er sich zu Tisch setzt und die biblischen „Tugenden der klugen Hausfrau“ besingt. Diese hat wenige Minuten vor Beginn des Schabbats bereits die Schabbat-Kerzen entzündet. Bei Tisch segnet der Hausvater den Wein und das eigens für diesen Tag gebackene Brot, die Challa, und reicht dieses gemeinsam mit Salz in die Runde, so dass sich jeder bedienen kann. Dann wird die Hauptmahlzeit verspeist, wobei Schabbatlieder gesungen werden. Am Samstagabend endet der Feiertag mit dem Ritus der Hawdala, der „Trennung“ zwischen dem heiligen Tag und dem Rest der Woche.
Eine offene, silberne Büchse mit wohlriechenden Kräutern wird herumgereicht. Man erinnert sich mit dieser Besanim-Büchse noch einmal an das Feierliche des vergangenen Tages. Nach dem Ende des Schabbats wird eine mehrdochtige Hawdala-Kerze entzündet, die „wie eine Fackel“ in die neue Woche hineinscheint.
Diese Rituale, die wenig Spielraum lassen, empfinden Nichtjuden als befremdlich. Die strenge Observanz des Tages hat eine tiefe Bedeutung, wie der Psychoanalytiker Erich Fromm schreibt: „Der Schabbat ist die Vorwegnahme der messianischen Zeit, nicht durch ein magisches Ritual, sondern durch praktisches Verhalten, das den Menschen in eine reale Situation der Harmonie und des Friedens versetzt. Diese andere Lebenspraxis verändert den Menschen.“
Einfache FRAGE
Was ist für Juden am Schabbat verboten?
Als ehemaliger starker Raucher bewundere ich religiöse Juden bis heute, denn zu den 39 Tätigkeiten, die der Talmud am Schabbat verbietet, gehört auch, Feuer zu machen. Das bedeutet, nicht rauchen zu dürfen. Und das einzuhalten, ist nicht ganz leicht. Das Feuerverbot der biblischen Zeit wird heute auch auf die Bereiche der Elektrizität übertragen. Das bedeutet, dass fromme Juden am Schabbat weder mit dem Auto fahren noch in ein Flugzeug steigen.
Schwierig ist es, das Verbot einzuhalten, wenn man in einem Hochhaus wohnt und den Liftknopf nicht drücken darf. Dafür aber gibt es einen eigenen Schabbat-Lift, dessen Nutzung allerdings Geduld erfordert. Dieser Lift ist so programmiert, dass er vom Erdgeschoß bis ganz nach oben fährt und in jedem Stockwerk stehen bleibt. Die Tür öffnet sich, nach einer Weile schließt sie sich wieder automatisch, und der Lift fährt einen Stock höher, um dort dasselbe Prozedere zu wiederholen …
Die Talmudgelehrten führen heftige und ausufernde Diskussionen darüber, wie die einzelnen Bestimmungen in der Moderne zu deuten sind. Letztendlich soll alles nur einem Zweck dienen: die Heiligkeit des Tages zu betonen.
Wolfgang Sotill, geboren 1956, Studium der katholischen Theologie in Graz und Jerusalem, Diplomarbeit und Film über Judenchristen im heutigen Israel.
Buchtipp: "Israel. 40 einfache Fragen. 40 überraschende Antworten." Verlag Styria, 25 Euro
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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