Heute von Gott erzählen | Teil 3
Wenn Gott verloren geht …

Gottsuchende sind „verbunden in der Liebe, um die tiefe und reiche Einsicht zu erlangen und das Geheimnis Gottes zu erkennen“ (Kol 2,2). | Foto: Ivan Steiger
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  • Gottsuchende sind „verbunden in der Liebe, um die tiefe und reiche Einsicht zu erlangen und das Geheimnis Gottes zu erkennen“ (Kol 2,2).
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„Es gibt wahrscheinlich keinen Gott …“ – Mit diesem Ausspruch haben Aktivisten einst für den Atheismus geworben.

Die Bilder mit den englischen Autobussen bei der „Atheistischen Buskampagne“ im Jahre 2008 sind um die Welt gegangen: There’s probably no God. Now stop worrying and enjoy your life [deutsch: „Es gibt wahrscheinlich keinen Gott. Nun denn, hör auf, dir Sorgen zu machen, und genieße dein Leben.“].

Kein notwendiger Schluss
Immerhin: Sie haben nicht behauptet, dass es keinen Gott gibt, sondern nur, dass es wahrscheinlich keinen Gott gibt. Sie haben vielleicht verstanden, dass auch der Atheismus nicht beweisbar, dass er keine notwendige Schlussfolgerung aus gesicherten Erkenntnissen ist.
Aber der Werbespruch lässt auch erkennen, dass Gott als Einschränkung der Lebensfreude verstanden wird. Das Gegenteil, dass Gott für viele Grund zu Freude und Dankbarkeit ist, kommt erst gar nicht in den Blick. Es gilt, sich von Gott zu befreien.
Diese Sicht Gottes mag ihren Grund in einer bestimmten Art von religiöser Erziehung und Praxis haben und so verständlich sein. Aber sie bleibt einseitig.

Von der Gottlosigkeit erschrocken
Friedrich Nietzsche († 1900), der sich selbst gewiss nicht als Vertreter des Christentums verstanden hat, sah es jedenfalls differenzierter. In seinem Werk Die fröhliche Wissenschaft war für ihn die Botschaft des ,tollen Menschen‘, dass Gott tot sei, eine Botschaft der Befreiung. Aber eben nicht nur. Fast erschrocken fragt er:
„Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? … Stürzen wir nicht fortwährend? … Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht?“

Es steht etwas auf dem Spiel
Das ist die Einsicht eines kämpferischen Kritikers der Religion, der aber zugleich ein großer Denker gewesen ist.
Gott verlieren ist nicht unbedingt eine Befreiung oder Erleichterung, sondern auch ein Verlust. Das kann im Blick auf das persönliche Leben gesagt werden, aber auch für das geistige Leben einer Gesellschaft. Und es gilt auch dann, wenn es Einzelne – vielleicht im ersten Augenblick – nicht so wahrnehmen.
Damit sollte klar sein, dass im Für und Wider der Argumente zum Thema Gott etwas auf dem Spiel steht.

Gott in Kritik und Diskussion

Persönliche Zeugnisse können sehr beeindruckend sein. Aber entsprechen sie der Wirklichkeit? Oder handelt es sich um Täuschungen?
An ihr, der Frage nach der Wahrheit, kommt man nicht vorbei. Und die Auseinandersetzung mit Einwänden ist gewiss kein schlechter Weg, um auf die Frage nach Gott eine Antwort zu finden. Weil in diesem Zusammenhang oft von Kritik die Rede ist, lohnt sich der Hinweis, dass Kritik nicht unbedingt heißen muss, dass man überall ein Haar in der Suppe findet. Für Immanuel Kant († 1804) ist das kritische Denken ein Denken, das den Dingen auf den Grund geht.

Eine kritische Sicht der Religion bzw. einiger Entwicklungen in den Religionen ist so alt wie die Religionen selbst. Nicht selten wurde sie im Innenraum der Religionen formuliert. Aber auch von außen haben sich immer wieder kritische Stimmen gemeldet. Die Namen sind bekannt: David Hume, Auguste Comte, Ludwig Feuerbach, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud, Rudolf Carnap – um nur einige zu nennen.

Man kann sie nicht ignorieren, wenn man über den Glauben an Gott nachdenkt. Und so ist es auch in der Theologie selbstverständlich, dass man sich mit ihren Einsprüchen auseinandersetzt, dabei aber auch die Kritik in Frage stellt und gegebenenfalls widerlegt. So kann sich im besten Fall zeigen, dass es nicht nur um eine Zurückweisung der Einwände gegen den Glauben an Gott geht, sondern dass man von der Kritik auch lernen kann. Auf diese Weise kann die Auseinandersetzung dazu führen, dass man über Gott – wenn es so zu sprechen erlaubt ist – sachgerechter nachdenkt und über ihn weniger missverständlich spricht.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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