800 Jahre Diözese Graz-Seckau | Teil 06
Vielgestaltiges Laienengagement
Im Laufe der Jahrhunderte engagierten sich Laien in verschiedenen Gemeinschaftsformen. Eine beachtliche Organisationsform, an denen sich zahlreiche Laien beteiligten, waren die Bruderschaften, von denen die meisten unter Kaiser Joseph II. (1780–1790) aufgehoben wurden. Wir finden sie in fast allen steirischen Pfarren. Häufig treffen wir in unserem Land die Fronleichnamsbruderschaft an, die die Eucharistieverehrung ins Zentrum stellte, aber auch marianisch ausgeprägte (zum Beispiel die des Rosenkranzes) mit ihrer Konzentration auf die Gottesmutter und das Wallfahrtswesen sowie jene der Pestheiligen Sebastian und Rochus.
Es kennzeichnet die mittelalterlichen und neuzeitlichen Bruderschaften, dass sie sich besonders der Krankenpflege, Armensorge oder der Totenbestattung annahmen. Die Berufs- und Standesbruderschaften erwählten ihre eigenen Standespatrone, etwa die Bergleute die hl. Barbara. Ein zentraler Bestandteil des Gemeinschaftslebens waren das Gebet, die Feier von Andachten und Messen, auch der Empfang der Sakramente. Größere Beachtung wurde der Bestattung und dem Gedächtnis verstorbener Mitglieder geschenkt. Bruderschaften zeigten sich unter anderem bei den Prozessionen oder zu bestimmten Heiligenfesten im kirchlichen Jahreskreis. Von ihrem Wirken zeugen die noch vielerorts gestifteten Seitenkapellen und -altäre. Nach einem Ein- und Abbruch durch die Reformation erreichte das Bruderschaftswesen in den katholisch geprägten Ländern Europas in der Barockzeit wieder eine Blütezeit, auch als Bekenntnis des Glaubens in Abgrenzung zu anderen christlichen Konfessionen. Untersuchungen zeigen, dass sich manche Bruderschaften mehrheitlich aus Frauen zusammensetzten.
Großen Zulaufs erfreuten sich auch die von den Jesuiten ins Leben gerufenen marianischen und studentischen Kongregationen seit Ende des 16. Jahrhunderts. In den Dritten Orden, die vor allem im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichten, vertieften sich verheiratete Laien in die Spiritualität des jeweiligen Bettelordens (Franziskaner oder Dominikaner) und intensivierten so ihr Glaubensleben.
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts breitete sich eine Vielzahl an Vereinen in unserer Diözese aus, in denen sich vorwiegend Laien engagierten. Der „Katholische Frauenverein der werkthätigen christlichen Liebe“ (1848) und der „Paulusverein“ (1850) als erster katholischer Männerverein machten den Anfang. Fürstbischof Ottokar Maria Graf von Attems (1853–1867) verschaffte dem Vereinskatholizismus den Durchbruch und setzte sich für die christlichen Standesvereine der Hausväter und Hausmütter sowie der Jünglings- und Jungfrauenvereine ein. Schon 1854 erfolgte in Graz die Gründung eines katholischen Gesellenvereins. Das dichte Netz an Vereinen und Verbänden, die sich mit ihren vielen Einrichtungen und Heimen der Förderung der katholischen Presse, der Bildung und Erziehung sowie sozialkaritativen, politischen und religiösen Aufgabenfeldern widmeten, existierte bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten.
Vor genau 90 Jahren, nämlich 1928, ordnete Fürstbischof Ferdinand Stanislaus Pawlikowski (1927–1953) die Katholische Aktion in der Seckauer Diözese an. Gegenwärtig ist sie mit etwa 24.000 Mitgliedern die größte Laienorganisation. Den Hauptanteil an den Mitgliedern (derzeit um die 70 Prozent) stellte von Anfang an die Katholische Frauenbewegung (KFB), deren Vorläufer die 1906 gegründete Katholische Frauenorganisation war. Zu den bekanntesten und ältesten entwicklungspolitischen Initiativen zählen der „Familienfasttag“ der KFB und die Aktion „Sei so frei“ (früher „Bruder in Not“) der Katholischen Männerbewegung.
Das Diözesankomitee Katholischer Organisationen Steiermarks (DKO), gegründet 1970, umfasst 23 Organisationen, darunter solche, die nach freiem Vereinsrecht ins Leben gerufen wurden, und kirchlich errichtete Gemeinschaften, die nicht der Katholischen Aktion angehören. Zu ihnen gehören etwa der Österreichische Cartellverband, das Kolpingwerk, der Katholische Familienverband, die Legion Mariens oder die Gemeinschaft Emmanuel sowie die Cursillo- und Fokolar-Bewegung.
[p]Bewegungen, wie die Charismatische Erneuerung, Pax Christi und Marriage Encounter, in denen Priester und Laien zusammenwirken, bereichern wie viele andere das Leben der vielgestaltigen steirischen Kirche.
Michaela Sohn-Kronthaler
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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