Werke der Barmherzigkeit - 2007/2008 | Teil 09
Unwissende lehren
Wir haben vielleicht zu sehr vergessen, wie sehr im christlichen Glauben von Anfang an Erziehung und Bildung eine ganz entscheidende Rolle spielen. Man meinte gerade in der alten Welt, das Christentum bringe ein neues Ideal der Erziehung und der Bildung. Deshalb hat man auch von Anfang an auf so etwas wie Schulen abgezielt. Man hat die Bildung der Zeit einbezogen und wusste, dass man den christlichen Glauben verkünden muss in anderen Sprachen, in anderen Kulturen. Der Glaube ist nicht einfach an eine bestimmte Kultur gebunden. Man muss zur Übersetzung des Glaubens viel lernen. So mussten die Glaubensboten viele Missverständnisse bei den Adressaten beseitigen, weil diese ja immer noch ihren Götzen anhingen. Deswegen war das Werk, Unwissende zu lehren, ein ganz wichtiges Element. So konnte man etwa die Dämonenangst von den Menschen wegnehmen, überhaupt die Angst vor kosmischen Mächten. So konnten die Menschen zu einer Freiheit geführt werden, die durchaus auch etwas zu tun hat mit dem, was wir heute freilich etwas verengt „Aufklärung“ oder „Bewusstseinserhellung“ nennen. Freiheit und Vernunft wurden bei den Menschen gefördert. Wir sollten das nicht einfach denen überlassen, die damit oft etwas ganz anderes verbinden. Die Unwissenden zu lehren, das ist und bleibt ein geistiges Werk der Barmherzigkeit. Wir versuchen damit, Orientierung zu geben. Mitten in der Wirrnis und Irrnis unserer Tage tun wir dies erst recht. Es hat auch tief zu tun mit der Orientierung durch die Bildung und Erziehung in christlichen Einrichtungen und Institutionen. Wenn wir das bedenken, dann spüren wir auch, dass wir etwas Fundamentales für heute lernen können: Bildung und Erziehung sind nicht einfach Funktionen, um Menschen auszubilden – so wichtig es ist, dass wir lernen, um einen tüchtigen Beruf ergreifen zu können. Bildung und Erziehung sind nicht einfach sozusagen verpackte Wissensmaterialien, die man wie von einem Berg alle der Reihe nach abtragen und abhaken kann. Bildung und Erziehung haben vielmehr zutiefst etwas mit der Person des Menschen zu tun. Es hilft bei der Bildung der Persönlichkeit, es ist durch und durch persönliche Bildung.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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