Serie Eucharistie 2005 | Teil 9
Schritte der Feier der Eucharistie: Empfangen
Die Feier der Eucharistie mündet in den Empfang der Eucharistie. Auch das gehört zum Erbe des Letzten Abendmahles, das eben ein einzigartiges, aber doch ein Mahl gewesen ist. So treten die, die das Sakrament empfangen wollen, zur Kommunion vor. Bis zum II. Vatikanischen Konzil ist es selbstverständlich gewesen, dass den Gläubigen die heilige Kommunion in den Mund gelegt wurde. Nach dem Konzil wurde es möglich und üblich, sie auch in die Hand zu empfangen. Gemessen an der bisherigen Strenge, war das für manche so unerhört, dass sie es nicht akzeptieren konnten. Für sie war es fast ein Sakrileg – nur der Priester dürfe das Allerheiligste (so eine bis heute übliche und in meinen Augen sehr treffende Bezeichnung für die sakramentalen Gaben) in seine geweihten Hände nehmen. Diejenigen, denen diese damals neue Form der Kommunion wichtig und wertvoll war, konnten nicht zu Unrecht auf einen schönen Text aus dem kirchlichen Altertum verweisen. Er findet sich bei Cyrill von Jerusalem († 386) in seinen Katechesen, die er Bewerbern für die Taufe gehalten hat. Diese Hinführung zum Empfang der heiligen Kommunion zeigt nicht nur, dass die Kommunion in die Hand durchaus üblich war. Sie erinnert auch an die Ehrfurcht, mit der sie empfangen werden soll:
„Beim Vortreten streck die Hände nicht flach aus und spreize die Finger nicht, sondern lege die linke Hand unter die rechte wie einen Thron, um den König zu empfangen. Nimm mit der hohlen Hand den Leib Christi auf und antworte: ‚Amen‘. Behutsam heilige nun deine Augen durch Berührung mit dem heiligen Leib; dann iss und achte sorgfältig da- rauf, dass dir nichts davon verloren geht… Noch viel behutsamer als bei Gold und Edelsteinen musst du hier darauf achten, dass dir nicht das kleinste Teilchen herunterfällt. Nach deiner Vereinigung mit dem Leib Christi tritt auch zum Kelch des Blutes hin. Streck aber nicht die Hände aus, sondern verneig dich wie zur Anbetung und Verehrung und sprich das ‚Amen‘; heilige dich (mit dem Kreuzzeichen) und empfange das Blut Christi. Solange sein Nass noch an deinen Lippen ist, führe davon an Augen und Stirn und heilige auch die übrigen Sinne. Dann warte das (Schluss-)Gebet ab und danke Gott, der dich solcher Geheimnisse gewürdigt hat.“
Auch in dieser einfachen Geste des Empfangens kristallisiert sich wie in einem Brennpunkt Wesentliches unseres Glaubens. Das lässt sich erschließen, wenn man vom Wort „empfangen“ ausgeht. Dieses Wort bedeutet „bekommen“, aber auch „als Geschenk annehmen“. So kann uns jede Kommunion daran erinnern, dass wir als Menschen immer vom Empfangen leben. „Der Mensch kommt zutiefst nicht zu sich selbst durch das, was er tut, sondern durch das, was er empfängt“, so hat es der Theologe und Kardinal Joseph Ratzinger (Benedikt XVI.) formuliert. Es gibt, so sagt er, einen „Primat des Empfangens“.
Das gilt schon für das natürliche Leben – von der Empfängnis an. Wir können nicht wenig selbst machen, bewerkstelligen und herstellen. Aber bevor wir etwas selbst machen, empfangen wir, was wir zum Leben brauchen. Und erst recht im Blick auf Gott erweist es sich als Täuschung, wenn wir meinen, wir hätten die Dinge in der Hand. Nicht die Hand, die zugreift, ist hier entscheidend, sondern die Hand, die sich öffnet, um zu empfangen. „Wir sind Bettler – das ist wahr“, wird als letztes Wort des Reformators Martin Luther überliefert. Und durchaus in seinem Sinn dürfen wir hinzufügen: Bettler – und reich Beschenkte.
Das zeigt sich nicht zuletzt in der Feier und im Empfang der Eucharistie. In den Evangelien werden die Brotvermehrung (vgl. Mt 14,15–21) und das Weinwunder bei der Hochzeit von Kana (vgl. Joh 2,1–11) als Hinweise auf die Eucharistie verstanden und vorgestellt. Beide Male mündet das Geschehen in reinen Überfluss. Und so weisen diese Berichte des Evangeliums die Eucharistie „als den göttlichen Überfluss aus, der unendlich alles Bedürfen und alles rechtmäßig zu Verlangende übersteigt“.
Empfangen kann aber auch bedeuten, einen Menschen zu empfangen. Empfangen bedeutet in diesem Fall, jemanden einzulassen, ihn aufzunehmen in einen Bereich, in den er nicht von sich aus eintreten darf. Empfangen ist damit Ausdruck des Vertrauens und einer tiefen Beziehung. Und ebendarum geht es auch in der Eucharistie – auf paradoxe Weise. Gott respektiert meine Freiheit. Er überwältigt mich nicht, aber er bittet mich, ihn in mein Leben einzulassen. Und indem der Mensch ihn aufnimmt, darf er entdecken, dass Gott ihn aufnimmt. Dass er bei Gott Heimatrecht und Zuhause hat.
In der mystischen Sprache des Apostels Paulus heißt es sinngemäß: Indem wir Christus aufnehmen und er in uns ist, sind wir in ihm. Oder wie es der Apostel in seinem Brief an die Galater formuliert hat: „Christus lebt in mir.“ Und er fügt hinzu, was das bedeutet: „Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Was Paulus im Blick auf den Glauben sagt, das gilt gewiss auch im Blick auf das „Geheimnis des Glaubens“, wie wir es in der Eucharistie feiern.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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