Gott in Frankreich | Teil 10
Schnitzeljagd in ­Belleville

Auf dem Markt am Boulevard de Belleville wird in allen Sprachen gefeilscht und gehandelt. Obst, Gemüse und seltenste Gewürze werden hier angeboten.  | Foto: Breser
  • Auf dem Markt am Boulevard de Belleville wird in allen Sprachen gefeilscht und gehandelt. Obst, Gemüse und seltenste Gewürze werden hier angeboten.
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Hier spiegelt sich die ganze Welt auf einem Fleck: Am „Boulevard de Belleville“ verkauft der französische Bauer Spargel und Käse, ein Äthiopier Maniok und Kochbananen, die Chinesin Schuhe und Seidentücher, der Marokkaner Tee und Datteln und ein Inder Curry und Kurkuma.

Frauen in Sari und Burka, Männer mit Turban und Kippa drängen sich von einem Marktstand zum anderen – erstaunlich friedlich. Und in den Seitengassen, hinter den Fassaden?

„Ich kann Ihnen versichern, dass es keine Konflikte gibt. Das Leben hier ist ruhig“, beteuert Jasmine, Kellnerin in einem schicken Bistro und seit etlichen Jahren Bewohnerin von Belleville, einem multikulturellen Viertel im Osten von Paris.

Doch auch Friede zeigt Nuancen: Die Menschen unterschiedlichster Herkunft und Religion leben hier vor allem nebeneinander.

Ein Spiel soll das nun ändern.

 

Frage und Antwort

„Wir ziehen uns oft vor anderen zurück, weil wir mit selbst produzierten Unwahrheiten und Vorurteilen leben“, sagt René Coulon, Mitglied bei „La Fontaine des Religions“ (Die Quelle der Religionen). Diese interreligiöse Organisation wird am Sonntag, dem 24. Juni, in Belleville ein neues Rezept gegen Ignoranz ausprobieren:

Eine Art „Schnitzeljagd“ soll die Bewohner des Viertels auf eine Erkundungstour der Religionsgemeinschaften in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft führen. Das Ziel: „vivre ensemble“ – gemeinsam leben.

Beim Spielen fällt es bekanntlich leichter, Kontakte zu knüpfen. Und man will Unwissenheit bekämpfen.

Die Fragen zu religiösen Bekenntnissen, Traditionen, Gebäuden, Kunst und Musik führen in über ein Dutzend Kultstätten und Gemeindezentren: zur Moschee, ins protestantische Sozialzentrum, zur Sikh-Gemeinschaft, zu den drei katholischen Kirchen, zur marokkanischen Gesellschaft, in zwei Synagogen, zur buddhistischen Gemeinde, in die orthodoxe Kirche, zum interreligiösen Pfadfinder-Zentrum.

Dort präsentieren sich die Gemeinschaften und erzählen den Mitspielern aus ihrem religiösen Alltag. „Wenn man die Religion des anderen kennt, begreift man ein Stück seiner Kultur und kann so die eigenen Vorurteile verringern“, ist René Coulon überzeugt.

 

Es riecht anders

Die Organisation „La Fontaine des Religions“ hat bereits in den vergangenen zwei Jahren eine große Zahl an multikulturellen Bewohnern zu gemeinsamen Veranstaltungen versammelt: „Bei unseren interreligiösen Märschen durch Belleville zeigten wir, dass die Menschen trotz religiöser und kultureller Differenzen hier zusammenleben können“, sagt René Coulon.

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Diese friedlich-bunte Atmosphäre zieht seit einiger Zeit auch vermehrt Künstler in das Viertel: „Es riecht anders in Belleville“, sagt Paul, nachdem er mir sein Atelier gezeigt hat. Und man vergisst plötzlich, in Paris zu sein.

SCHLUSS DER SERIE

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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