800 Jahre Diözese Graz-Seckau | Teil 05
Priesterausbildung im Wandel

Foto: Priesterseminar

Die Priesterausbildung in der Steiermark erhielt erst seit dem 16. Jahrhundert festere institutionelle Formen. Zuvor im Mittelalter, als das Eigenkirchenwesen weite Teile des Landes prägte und besonders die ländliche Kirchenorganisation bestimmte, war es vielfach üblich, dass die Priester „handwerksmäßig“ das nötige theologische und seelsorglich-praktische Rüstzeug bei einem Pfarrer erwarben. Die nötigen priesterlichen Kenntnisse konnten auch in einer Klosterschule vermittelt werden. Ab dem 13. Jahrhundert eröffnete sich die Möglichkeit, Theologie an einer Universität zu studieren, doch im Gebiet der heutigen Steiermark erfolgte die Gründung einer solchen erst 1585 in Graz. Die Weihe nahm üblicherweise seit der Diözesanerrichtung der Bischof in Seggau vor.

Inhabern einer einträglichen Pfarrpfründe standen Kapläne, Hilfspriester und Benefiziaten gegenüber, die nur das Allernotwendigste zum Leben hatten und vom jeweiligen Pfarrer entlohnt wurden. Die sozialen Unterschiede im Klerus, die mangelhaften Zustände der Klerusbildung, die Anhäufung und der Missbrauch der Pfründe wie auch Verfallserscheinungen in den Orden bildeten Anlass zur Kritik in der Reformationszeit.

In der Zeit der Gegenreformation und katholischen Reform übernahmen die Jesuiten, vom habsburgischen Erzherzog Karl II. (1564–1590) nach Graz geholt, die Ausbildung des steirischen Weltklerus. So schuf der Landesfürst 1576 zusätzlich zu dem von ihm gestifteten Jesuitenkolleg ein Konvikt für die Heranbildung von Theologen. Ein Jahr später ermöglichte Papst Gregor XIII. (1572–1585) weitere Plätze für päpstliche Alumnen. Seit 1585, der Gründung der Jesuitenuniversität, der Alma Mater Graecensis, werden in unserer Diözese Priester universitär ausgebildet, unterbrochen nur von 1939 bis 1945 durch die nationalsozialistische Willkür.

1753 rief der Grazer Stadtpfarrer Alois Bertholdi (†1757), zuvor Pfarrer in Kapfenberg, ein Priesterhaus in einem Teil des kaiserlichen Hofspitals neben der Stadtpfarrkirche ins Leben. Es war für die Alumnen der Diözese Seckau wie auch des steirischen Anteils des Erzbistums Salzburg bestimmt und bereitete die Priesteramtskandidaten auf die Weihe und die Seelsorge vor. Das Priesterhaus musste dann dem Generalseminar für Innerösterreich, im Gebäude des ehemaligen Jesuitenkollegs untergebracht, weichen. Diese von Kaiser Joseph II. oktroyierte Einrichtung für den gesamten Welt- und Ordensklerus sollte der Heranbildung treuer Staatsdiener dienen und war nur von kurzer Dauer (1783–1790).

Unter bischöflicher Leitung wurde das Priesterhaus aus den Mitteln des Religionsfonds wiedererrichtet und 1808 auch für die Alumnen aus der inzwischen errichteten Diözese Leoben geöffnet. Im selben Jahr übersiedelte es in die Räumlichkeiten des ehemaligen Jesuitenkollegs (heute Priesterseminar). Fürstbischof Joseph Adam Graf Arco (1780–1802) ging seinerzeit von etwa 20 Neupriestern als Bedarf für seine Diözese aus. Im Jahre 1843 belief sich der Höchststand an Seminaristen auf 160. Bis in die 1970er Jahre kamen die steirischen Priester vorwiegend aus ländlichen und weniger aus städtischen Räumen. In die Amtszeit des langjährigen Regens Gottfried Lafer (1970–1997) fiel die Segnung des generalsanierten Priesterseminars (1993). Seit 2005 gibt es für die im Seminar wohnenden Priesteramtskandidaten der Diözesen Graz-Seckau und Gurk eine gemeinsame Leitung.

Aufschlussreich ist die Entwicklung der Priesterweihen im historischen Längsschnitt, eruiert aus den Weiheprotokollen der Diözese Seckau. Zwischen 1660 und 1669 wurden 620 Welt- und Ordenskleriker geweiht – eine Frucht der Tridentinischen Reform zur Priesterausbildung wie des Zuzugs neuer Orden. Hohe Weihezahlen weisen mehrere Jahrzehnte im 18. Jahrhundert auf (1710–1719, 1730–1739 und 1770–1779); jeweils an die 700 (!) Männer in Weltklerus und Orden wurden zu Priestern geweiht.

Unter Fürstbischof Roman Sebastian Zängerle (1824–1848) nahm der Anteil des Weltklerus zwar augenscheinlich zu, allerdings begann seit Anfang des 20. Jahrhunderts der statistische Wert zu sinken. Seit den 1970er Jahren ging die Gesamtzahl der Priesterweihen pro Dekade kontinuierlich zurück: 1970–1979 waren es noch 81 aus dem Welt- und Ordensklerus, 2010–2017 nur noch 23. Hieraus lässt sich das Ausmaß des epochalen Wandels in der Kirche erahnen.

Prägende Persönlichkeiten aus der Priesterseminarvorstehung der letzten Jahrzehnte sind noch vielen in Erinnerung. Als Regens Blasius Unterberger (1939/53), Florian Perl (1953/58), Josef Schneiber (1958/64), Ludwig Reichenpfader (1964/68), Karl Gémes (1968/70), Gottfried Lafer (1970/97), Franz Josef Rauch (1997–2016), Thorsten Schreiber. Als Spiritual Georg Hansemann (1945/50), Josef Pölzl (1950/61), Wilhelm Pannold (1961/68), Ägidius Leipold (1969/85), danach Bernhard Körner, Anton Witwer, Norbert Glaser, Johann Karner, Stefan Ulz, Thomas Neulinger. Als langjähriger Ökonom Johann Trummer.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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