Weltanschauungsarbeit heute | 08
Marienerscheinungen

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Marienerscheinungen prägen das Leben zahlreicher Gläubigen, geben ihnen Orientierung und Halt, gehören aber – wie alle Privatoffenbarungen – nicht zum verbindlichen Glaubensgut.

Marienerscheinungen faszinieren und fordern heraus. Da ist die Rede von Visionen und Auditionen, von Prophezeiungen und Heilungen. Aber erscheint die Gottesmutter wirklich? Es steht außer Frage, dass es Ereignisse gibt, die den natürlichen Rahmen sprengen. Aber ob Maria tatsächlich erscheint, lässt sich wissenschaftlich weder beweisen noch verneinen.
Gott hat sich den Menschen schrittweise zu erkennen gegeben – bis zu dem Punkt, dass er selbst Mensch wurde, um durch den mensch-gewordenen Sohn Jesus Christus die ganze Welt mit sich zu vereinen. In Christus hat Gott alles, nämlich sich selbst, gesagt, weshalb die Kirche lehrt, dass die Offenbarung abgeschlossen ist.
Privatoffenbarungen, zu denen auch Marienerscheinungen gehören, können diese Offenbarung in Erinnerung rufen, erklären, aktualisieren; sie können die endgültige Offenbarung aber nicht ergänzen bzw. vervollkommnen.
Mit Gewissheit können Marienerscheinungen das eigene Glaubensleben bereichern, können geistigen Trost und geistige Hilfe bieten – die zahllosen Votivtafeln in den Wallfahrtsorten geben davon Zeugnis.
Es ist zu begrüßen, dass die päpstliche Akademie „Pontificia Academia Mariana Internationalis” im April 2023 eine Beobachtungsstelle für Erscheinungen und mystische Phänomene im Zusammenhang mit der Gestalt der Jungfrau Maria eingerichtet hat und damit zur Bildung eines kritischen Bewusstseins beitragen will.
Wenn man von der kirchlichen „Anerkennung“ von Marienerscheinungen spricht, ist der deutsche Begriff „Anerkennung“ etwas missverständlich, weil damit leicht der Eindruck erweckt werden kann, als würde die Kirche mit einer „Anerkennung“ die übernatürliche Herkunft der Marienerscheinung bestätigen. Das tut sie aber keineswegs. Vielmehr geht es bei der Approbation (Erlaubnis, Genehmigung, Billigung) um die Feststellung, dass die betreffende Privatoffenbarung nicht dem Glauben der Kirche widerspricht und das Zeugnis der Seherinnen und Seher menschlich glaubwürdig ist. Selbst solche Marienerscheinungen, die von der kirchlichen Autorität anerkannt worden sind, gehören nicht zum verbindlichen Glaubensgut.
Marienerscheinungen haben das Leben vieler Menschen nachweislich bereichert; entscheidend bleibt, diesen Erscheinungen (nicht) jenes Gewicht im Leben beizumessen, das ihnen (nicht) gebührt.
Martin Pezzei

Martin Pezzei

ist Theologe und Leiter des Amtes für Dialog der Diözese Bozen-Brixen.

  • Worauf sollte man bei diesem Thema besonders achten?
    Es gilt achtsam zu sein, wenn Erscheinungen und Botschaften für die persönliche Glaubensüberzeugung wichtiger werden als die Botschaft des Evangeliums. Bei manchen ist eine regelrechte Sucht nach dem Übernatürlichen festzustellen. Dabei besteht die Gefahr, den Ort der alltäglichen Gottesbegegnung aus den Augen zu verlieren. Eine überbetonte Orientierung an Marienerscheinungen kann dazu führen, sich gegenüber Personen, für die solche Phänomene wenig oder keine Bedeutung haben, im Besitz eines „tieferen“ Glaubens zu fühlen.
  • Was halten Sie vom Motto: „Durch Maria zu Jesus“?
    Jesus steht im Mittelpunkt des Heilsgeschehens und er führt hin zum Vater. Maria ist gleichsam das Urbild eines Menschen, der vorbehaltlos dem Willen Gottes folgt. Übertragen auf die Gemeinschaft der Getauften ist sie das Urbild der Kirche.

Referat bzw. Fachstelle für Weltanschauungsfragen
Jede Diözese verfügt über ein Referat bzw. eine Fachstelle für Weltanschauungsfragen. Diese Stellen bieten Orientierung in der Vielfalt religiöser Bewegungen, und weltanschaulicher Strömungen; persönliche Beratung und Hilfe für Menschen, die belastende Erfahrungen mit problematischen Gemeinschaften machen; schriftliche Information zu unterschiedlichen Themenbereichen in Form von Texten, Broschüren und Lexikonartikeln sowie Materialien für die Bildungsarbeit und den Unterricht.
www.weltanschauungsfragen.at

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Martin Pezzei ist Theologe und Leiter des Amtes für Dialog der Diözese Bozen-Brixen. | Foto: Pezzei
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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