SONNTAG. Der Tag zum Leben | Teil 25
Man kann nicht immer andächtig sein
„Ich habe oft viele ablehnende Meinungen über den Besuch der Sonntagsmesse gehört“, erzählt Gudrun Weichberger von ihrem langjährigen Berufsalltag als Pastoralassistentin. Auch wenn es für die mittlerweile pensionierte Langenwangerin stets selbstverständlich ist, sonntags die heilige Messe mitzufeiern, kann sie Einwände verstehen: „Manches Mal habe ich auch in mir ablehnende Gedanken erfahren.“ Im Folgenden kontert sie diesen jedoch – und will aufgrund eigener Erfahrungen Suchenden Hilfe geben.
„Man kann das eine nicht gegen das andere ausspielen“, widerspricht Gudrun Weichberger Menschen, die meinen, man könne in der Natur besser beten als in der heiligen Messe. Freilich weiß sie: „Auch ich kann gut beten, wenn ich von Gottes großer Schöpfung überwältigt bin“, merkt aber kritisch an: „Bei der heiligen Messe darf ich keine Action erwarten. Ich muss meinen Beitrag zur Feier leisten.“ Nur wenn man innerlich zur Ruhe komme, könne man Gott in seiner Vielfältigkeit und Größe begegnen, betont sie und denkt dabei an die alttestamentliche Geschichte des Elias, der Gott suchte und ihn nur in der Stille fand.
Was aber tun, wenn in Momenten der Ruhe immer wieder Gedanken dazwischenkommen, die vom Gottesdienst ablenken? „Man kann nicht immer andächtig sein“, erwidert Gudrun Weichberger und gibt wiede-rum Einblick in ihren Schatz an Lebenserfahrungen: „Meine besten Gedanken für die Arbeiten im Beruf kamen immer bei der heiligen Messe und nie an meinem Schreibtisch.“ „Unandächtige Ge-danken“ im Gottesdienst sieht sie daher mittlerweile nicht mehr als Belastung, sondern als Bereicherung.
Man könne außerdem nie im Voraus sagen, „die heilige Messe gibt mir nichts“, meint sie und fügt ihrem Argument eine Geschichte hinzu: „An einem Sonntag, dem ersten Tag meines Urlaubs, ging ich zu einer nahe gelegenen Wallfahrtskirche. Ich war ausgepumpt und entsetzlich müde. Es überkamen mich Gedanken wie ‚die heutige heilige Messe gibt mir nichts‘, und ‚ich werde mehr dösen und mit dem Schlaf kämpfen‘. Aber es kam anders: Am Beginn der Predigt sprach der Priester genau das an – so als hätte er meine Gedanken lesen können. Meine Begleiterin stieß mich, wir lachten uns zu, und plötzlich war ich für die weitere Predigt und das Feiern voll da.“
Nicht unerwähnt lassen will Gudrun Weichberger, dass sie die Gemeinschaftserfahrung im Sonntagsgottesdienst nicht als Nebensache sieht: „Wenn ich sage, dass ich den Gottesdienst mitfeiere, dann steckt schon der Gedanke darin, dass ich es auch schön finde, wenn ich dabei mit Menschen zusammenkomme und in Gemeinschaft mit ihnen beten und singen kann.“
Und in Anspielung auf ihre Erzählungen sagt sie dann: „Ich bin überzeugt, dass viele Menschen solche Erfahrungen kennen.“
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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