Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 013
Ist es möglich, Gott zu beweisen?

Gott als die Mitte aus dem Rupertsberger Kodex.

Glaubensbeweise

Gottesbeweise gehören in den Bereich der so genannten „natürlichen Theologie“. Diese bedenkt die im Menschen gegebene naturgegebene Offenheit für Gott. Da die natürliche Theologie sich ausschließlich auf Gründe der Vernunft stützt, auf die göttliche Offenbarung also noch nicht Bezug nimmt, gilt sie als Vorstufe der eigentlichen Theologie. In der katholischen Kirche wird dieser natürlichen Offenheit des Menschen für Gott und damit auch der natürlichen Theologie besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Da die katholische Theologie die Bedeutung der Erkennbarkeit Gottes höher veranschlagt als die protestantische Theologie, spielen in ihr auch die so genannten Gottesbeweise eine größere Rolle.

Warum Gottesbeweise?
Die Mehrheit der Menschen heute steht Gottesbeweisen eher ablehnend gegenüber. Man vermutet, in Gottesbeweisen gehe es darum, Gott zu einem logisch zwingenden Inhalt der menschlichen Vernunft zu machen. Das wäre in der Tat abzulehnen. Da Gott größer ist als alle menschliche Vernunft, kann er von ihr wohl erkannt und erschlossen, nicht aber ausgeforscht oder gar dingfest gemacht werden. Gottesbeweise zielen deshalb auch keinen Beweis im strengen Sinn des Wortes an, sondern beschränken sich darauf, nachzuweisen, dass angesichts verschiedener Dimensionen des menschlichen Selbst- und Weltverhältnisses die Option für die Exis-tenz Gottes durchaus naheliegend ist. In diesem Sinne zeigt im 20. Jahrhundert etwa der Logiker Richard Swinburne (*1934), dass es vor dem Hintergrund des modernen Weltverständnisses insgesamt logischer ist, die Existenz Gottes anzunehmen, als sie abzulehnen. Das Gottesbild, welches über Gottesbeweise erreicht wird, ist inhaltlich relativ unbestimmt. Es bezieht sich noch nicht auf den „Gott der Bibel“, der nur in seiner Offenbarung zugänglich ist. Daher bezeichnet man den Gott, der in Gottesbeweisen erschlossen wird, als den „Gott der Philosophen“.

Gottesbeweise sind für den Glauben deshalb von Wert, weil sie eine intuitiv und emotional verankerte Gottesgewissheit ausdrücklich zur Sprache bringen und sie in einem rationalen Argumentationsgang als intellektuell verantwortet aufweisen. Damit dienen Gottesbeweise in erster Linie der Selbstvergewisserung der Glaubenden. Diese werden zu der Einsicht geführt, dass ihre religiöse Haltung nicht nur auf der subjektiven Interpretation von geschichtlichen und damit letztlich zufälligen Erfahrungen beruht, sondern durch und durch vernünftig ist und deshalb auch kritischen Anfragen standhält.

Jeder Christ ist Zeuge

Seid allezeit bereit, Rechenschaft zu geben von der Hoffnung, die euch beseelt.
(1 Petr 3,15)

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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