SONNTAG. Der Tag zum Leben | Teil 07
Erster Tag
Nicht nur die biblischen und innerchristlichen Zeugnisse enthalten früh Nachrichten über die Existenz des christlichen Sonntags. Schon der römische Statthalter Plinius hält in einem Brief an Kaiser Trajan von 111/113 fest, dass sich kleinasiatische Christen am festgesetzten Tag – und man kann das als „Sonntag“ interpretieren – noch vor Sonnenaufgang versammeln, ein Lied auf Christus anstimmen und sich auf ein gottgemäßes Leben verpflichten. Später habe man sich erneut versammelt, um ein Mahl zu halten. Ob damit die Eucharistie oder eine Agape gemeint ist, bleibt offen.
Die Eucharistie ist früh Sonntagsmerkmal
Nur wenige Jahre später überliefert der christliche Theologe Justin in seiner Ersten Apologie eine Beschreibung der Sonntags-eucharistie, die die für die kommenden Jahrhunderte prägende Grundgestalt bereits beschreibt: Alle, die in den Städten oder auf dem Lande wohnen, nehmen an dieser sonntäglichen Liturgie teil. Zunächst findet ein Wortgottesdienst statt, in dem man aus den Schriften der Apostel oder der Propheten vorliest. Eine Predigt folgt. Anschließend erheben sich alle und senden Gebete empor – das Fürbittgebet. Dann werden Brot, Wein und Wasser herbeigebracht. Der Priester spricht ein Eucharistiegebet, und die Gläubigen stimmen mit ihrem „Amen“ diesem Gebet zu. Die eucharistischen Gaben werden verteilt. Denen, die abwesend sind, bringen die Diakone davon. Wortgottesdienst und Eucharistie finden am Sonntag statt.
Das ist und bleibt das Merkmal des christlichen Sonntags. Bereits um 100 hatte die Didache – eine Kirchenordnung – vorgeschrieben, am Sonntag solle man zusammenkommen, zunächst seine Schuld bekennen und dann das Brot brechen. Saturnius, ein afrikanischer Presbyter, hatte im frühen 4. Jahrhundert auf den Vorwurf, gegen einen Befehl des Kaisers verstoßen zu haben, geantwortet, er habe mit anderen Christen unbesorgt das Herrenmahl (dominicum) gefeiert, denn dieses dürfe nicht unterbleiben. Ein weiterer Christ, ebenfalls befragt, antwortete, ein Christ könne nicht ohne die Eucharistie existieren. Wie ernst es diesen frühen Christen mit der Feier des Sonntags war, mag man daran ablesen, dass sie bereit waren, dafür das Martyrium zu erleiden.
In den folgenden Jahrhunderten sind drei Entwicklungen für den christlichen Sonntag entscheidend gewesen. Sehr früh besaß der Sonntag für Christen einen hohen Verpflichtungscharakter. Dennoch sah man sich bald kirchlicherseits veranlasst, ein Sonntagsgebot zu formulieren. Die Synode von Elvira (306/309) – darin kein Einzelfall – ordnete an, wer an drei Sonntagen nicht zur Kirche gekommen sei, solle für eine kurze Weile ausgeschlossen werden. Auch für die Frühzeit der Kirche wird man nicht mit einer „Sonntagsidylle“ rechnen dürfen. Das Sonntagsgebot, das zunehmend juridisch verstanden wurde, färbte auf die Sonntagspraxis ab. Die Teilnahme an der sonntäglichen Gemeindeliturgie, die eigentlich eine Selbstverpflichtung des einzelnen Christen sein sollte, wurde mehr und mehr als Pflicht gedeutet, der Genüge zu leisten war.
Konstantin führt die Sonntagsruhe ein
Hinzu trat eine Veränderung der Deutung des Sonntags innerhalb der Gesellschaft unter Kaiser Konstantin. Im Jahre 321 legte er fest, dass am „verehrungswürdigen Tag der Sonne“ die Arbeit der Richter, der gesamten Stadtbevölkerung sowie die Gewerbetätigkeit ruhen solle. Ausgenommen wurden die Bauern. Die Sonntagsruhe galt auch für die Sklaven. In der Vita Constantini (4. Jh.) interpretierte der Kirchenschriftsteller Eusebius, der Kaiser habe den Ruhetag in Erinnerung an das Erlösungsgeschehen angeordnet. Er lässt aber durchblicken, dass auch andere Motive im Spiel gewesen sein könnten. Vielleicht sollte der Tag der Sonne hervorgehoben werden. Sicherlich wird der Kaiser ein Interesse gehabt haben, etwas für die stark gewachsene christliche Bevölkerung zu tun.
Die Zusammenschau von christlichem Sonntag und Sabbatheiligung, die im 6. Jahrhundert abgeschlossen war, taucht hier bereits auf. Das Gebot der Sabbatruhe wurde auf den Sonntag übertragen. „Knechtische Arbeiten“ waren fortan am Sonntag verboten. Gleichwohl diskutierte man immer neu, was darunter zu fassen sei. Eine sonntägliche Friedenspflicht entwickelte sich. Man kannte die Pflicht zur geschlechtlichen Enthaltung, verbot Hochzeiten und Totenmessen etc. Es lässt sich von einer Tabuisierung des Sonntags als „heiligem Tag“ im Frühmittelalter sprechen. So werden in Heiligenerzählungen der Merowingerzeit wiederholt Strafwunder als Konsequenz der verbotenen Sonntagsarbeit ge-schildert. Das Ruhegebot bestimmte die christliche Sonntagskultur immer stärker.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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