Franz Küberl zum 70. Geburtstag | Teil 3
Eine „verbeulte“ Kirche sein
Im Sinne des evangeliaren Auftrages braucht es eine farbenprächtige und vielfältig entfaltete Kirche. Nicht Gottes graue Mäuse, sondern Gottes bunte Hunde sind in diesen Zukunftsweichenstellungen gefragt. Es braucht die vielen einzelnen Gläubigen, die auf eigene Rechnung G’spür für mitmenschliches Verhalten und Einsatz für Mitmenschen haben. Ein G’spür, das nicht an der eigenen Pfarr- oder der eigenen Landesgrenze Halt macht.
Natürlich muss die Kirche – als noch immer größte Organisation des Landes – gut aufgestellt sein: Pfarren, Orden, Organisationen, Hilfswerke, Studierstuben, Zukunftswerkstätten, die an den Brennpunkten der Not und der zu bewältigenden Zukunftsfragen als Kirche tätig sind. Weil jeder kirchliche Knotenpunkt die Chance hat, Bauplatz der kommenden Welt zu sein: als Ort der Freiheit, der Geborgenheit, der Begegnung, der gegenseitigen Stärkung, der Reibung im Austragen von Konflikten. So entstehen Orte, an denen man die Zukunft schmecken kann.
Kirche ist dann wirksam, wenn ihre Liebe zu den Menschen spürbar ist. Das ist der Fall, wenn sie durch professionelles Handeln und durch herzhaften Einsatz für Menschen wirkt. Sie stellt Respekt und Gesprächsfähigkeit in heiklen Fragen der Gesellschaft sicher. So ist sie Gottes Treuhänderin. Die Kirchengemeinschaft besteht aus Jungen und Alten, Frauen und Männern, Armen und Reichen, Inländern, Ausländern. Einem kann die Kirche nicht entkommen: Ihr besonderer Platz ist evidenterweise bei den Armen, Verletzten, Schwachen, Zu-kurz-Gekommenen, Kranken, Ausgeschlossenen, Fremden … Dazu braucht es Starke, Reiche, Gebildete, Feinsinnige, die in diesem, wie es Papst Franziskus in seiner bildmächtigen Sprache einmal nannte, „Feldlazarett“ des Lebens hilfreich mitwirken. Für die konkreten Menschen, aber auch für die gesellschaftlichen Voraussetzungen sollen sich Verbesserungen ergeben.
Geliebt werden wollen alle Menschen, auch die Bessergestellten. Denn die Botschaft Christi geht ja an alle Menschen. Wie wir das alles verständlich machen können, wie wir Unterschiede austarieren, wie wir fundamental zukunftsgläubig einerseits und gegenwartskritisch andererseits aushalten, beschäftigt uns seit dem Heranwachsen von organisierter Gläubigkeit. Es geht nur darum, dass wir alles, was wir tun können, damit Besserung eintritt, tun, damit die nächste Generation ihre Vorhaben umsetzen kann und unsere Fehler zu korrigieren vermag. Lieber auch „verbeulte Kirche“ sein.
„Bei euch schmeckt man die Zukunft nicht“, so begründete eine oststeirische Bäuerin in den 1990er-Jahren, warum ihre Tochter nicht mehr in der Pfarre auftauchte. In diesem Buch begibt sich Franz Küberl auf eine Spurensuche zu möglichen Antworten auf diese Frage.
Franz Küberl. Zukunft muss nach Besserem
schmecken. Tyrolia Verlag, Auszüge: Seiten 80–84.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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