Warum Theologie studieren? | Teil 07
Ein weiter Weg: vom Mürztal bis Jerusalem
Nach der Matura am Stiftsgymnasium in Admont war für den jungen Obersteirer klar, dass es für die berufliche Zukunft etwas „grundsätzliches Geisteswissenschaftliches“ sein sollte. In der Theologie gab es eine breite Sicht auf die Kirche, die ihn faszinierte und wo auch sein Interesse für Geschichte nicht zu kurz kam. Das Studium war für ihn nicht zu theoretisch, sondern provozierte „Gedankenspielereien“, die er als eine Gedankenschule betrachtete.
Noch viel mehr beeinflusste den jungen Studenten die Katholische Hochschulgemeinde, wo damals der spätere Bischof von Gurk und Graz-Seckau, Egon Kapellari, als Seelsorger wirkte. Dort fand er die Weite, nach der er schon immer gesucht hatte. Die Felder Kirche und Kunst, Kirche und Politik boten spannende Auseinandersetzungen und viele neue Eindrücke. „Ja, zu dieser Zeit herrschte insgesamt eine Aufbruchsstimmung, vor allem unter den Laientheologen – wir waren damals alle Suchende“, erinnert er sich, beschäftigt mit der Frage: „Was ist denn eigentlich ein Laientheologe?“ Auch die Institution Kirche habe zu dieser Zeit noch nicht so recht gewusst, was sie mit Laientheologen anfangen solle.
Damals am Ende der 1970er Jahre war für viele Studenten noch nicht klar, was nach dem Studium sein würde beziehungsweise sein könnte. „Man studierte Theologie meistens einfach aus Interesse, nicht auf einen gewissen Beruf hin.“ Eine andere Richtung für seine berufliche Karriere hatte sich für Wolfgang Sotill schon ergeben, als er 1977/78 in Jerusalem ein Auslandssemester absolvierte und dort begann, sich mit dem Judentum und der Orthodoxie zu beschäftigen. „Der Rektor des Österreichischen Hospizes hatte zufällig selbst einmal keine Zeit und sagte zu mir: ,Begleite du diese Gruppe nach Galiläa.‘“ Das war letztlich der Beginn einer Tätigkeit, die sich im Lauf der Zeit zum zweiten beruflichen Standbein entwickelte.
[p]Wolfgang Sotill war 30 Jahre lang Redakteur bei der Kleinen Zeitung und gilt heute weit über die Steiermark hinaus als Experte für den Nahen Osten und Israel – auch in politischer Hinsicht. Als Vortragender wird er geschätzt. „Das Thema ist dann einfach irgendwie an mir picken geblieben“, witzelt er. Er lebt auf einem kleinen Bauernhof in der Umgebung von Graz und züchtet auch schottische Hochlandrinder. Neben dieser seiner steirischen Heimat hat er jedoch noch eine andere und sagt: „Meine zweite Heimat ist Jerusalem.“
Gisela Remler
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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