Bei uns daheim | Teil 01
Ein Universitätsprofessor aus Deutschland
Nur wo es einem gut geht, kann man Heimat finden
Jetzt ist Graz unsere Heimat“, erzählt Christoph Heil und bezieht sich dabei auf eine Weisheit von Cicero, die auf Aristophanes zurückgeht, nämlich „ubi bene, ibi patria“ (Wo es mir gut geht, da ist mein Vaterland). Wohlfühlen könne man sich hier, betont der Deutsche, und insofern vermisse er die alte Heimat nicht.
Qualität des Lebens. Von 1995 bis 2002 war er Assistent in Bamberg, gelebt hat er in Forchheim, das er auch heute noch sehr gern besucht. Danach hätte es durchaus die Möglichkeit gegeben, nach Frankfurt zu gehen, doch bis heute bereut Heil es nicht, den Ruf 2003 abgelehnt und Graz, wo er sich zwei Jahre vorher beworben hatte, den Vorrang gegeben zu haben. Was ein gelernter Österreicher auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt verstehen mag, haben Österreicher doch oft eher Minderwertigkeitsgefühle, wenn es etwa um die Beurteilung ihrer Universitäten geht.
„Für meine Familie und unsere beiden Kinder war Graz sicher besser und Frankfurt von den konkreten Bedingungen her nicht so gut. Wir haben hier gute Schulen, und die Ernsthaftigkeit von Kunst und Kultur finde ich sehr spannend, vor allem Konzerte und Oper.“ Prinzipien spielten eben nicht immer die Hauptrolle. Mittlerweile antwortet er auf die Frage, woher er denn komme, bereits mit: „Ich bin aus Graz.“ Geburtstage und Weihnachten werden in der steirischen Landeshauptstadt gefeiert. Hier sei es einfach freundlicher, die Wertschätzung der Menschen insgesamt größer. Ursprünglich stammt der heute 53-Jährige aus der Nähe von Fulda und hat dort auch mit dem Theologiestudium begonnen. Weitere Stationen waren etwa München und Washington, promoviert hat er in Bonn. Zu seinen speziellen Forschungsgebieten gehören das Spruchevangelium Q,, die Kommentierung des Galaterbriefes oder das Thema Israel und Kirche in der Offenbarung des Johannes. Seine Frau Uta ist seit 2015 als Professorin für Kirchengeschichte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien tätig.
Mentalitätsfragen. Wie geht es ihm als Deutschem denn nach einer Gewöhnungsphase von schon vierzehn Jahren mit den Österreichern? Nicht immer herrscht ja die große Begeisterung mit den Deutschen vor, so kann man es öfter hören. Pauschale Urteile über die jeweilige Mentalität der Menschen seien immer unfair, bemerkt Christoph Heil: „Es gibt eben auch Grazer, die so richtig preußisch-deutsch sind. Wo dann das Prinzip wichtiger wird als die Sache an sich, weil das eben so die Regel und nichts anderes möglich ist.“ Die Studierenden hier seien manchmal doch etwas zurückhaltender, als er das von Deutschland her gewohnt sei, wo die Kommunikation sehr offen und direkt sei, auch was Gespräche mit dem Herrn Professor betreffe.
Flexiblere Reaktionen. Es lasse sich freilich feststellen, dass in Österreich ganz allgemein eine gewisse Lockerheit vorherrsche. Christoph Heil erklärt diese andere Art an Dinge heranzugehen mittels einer recht lustigen und eindeutigen Formulierung aus seinem Alltag an der Uni. „Wenn wir in manchen Fällen eine Ausnahme machen müssen, dann heißt das bei uns: Machen wir eine österreichische Lösung“, erzählt er und lacht. Eigentlich ein wirkliches Kompliment für die größere Flexibilität, mit der man hierzulande auf Probleme reagiert.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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