AAI-60 Jahre | Teil 3
Ein Ort für Freundschaften
Das Afro-Asiatische Institut (AAI) ist für Juan Carlos zur zweiten Heimat geworden.
Mit dem Zug kam der Musiker Juan Carlos vor mehr als 30 Jahren erstmals nach Graz. „Wunderschöne Städte, sauber gekehrte Straßen, und Berge fast wie rasengemäht!“ – Wenn Juan Carlos Sungurlian Barsumian nach seinem ersten Eindruck von Graz gefragt wird, legt sich ein breites Lächeln über sein Gesicht. Zahlreiche Länder hatte der Vater/Papa von vier Kindern bereits bereist, bevor er nach Österreich gekommen war – mit hunderten von Musikstücken und Liedern im Kopf und in den Fingern.
Glücklich überleben
Musik an jeder Straßenecke – warum das in Lateinamerika so sei, das habe er sich selbst schon oft gefragt. „Viele Menschen haben sehr wenig, und für sie ist jeder Tag ein Überlebenskampf. Doch vielleicht ist ja gerade das der Grund, warum Musik in Lateinamerika so wichtig ist, denn mit Musik kann man glücklich überleben.“
Zufrieden sein, ohne viel zu besitzen – mit diesem Grundsatz im Gepäck bereiste er als junger Student die halbe Welt. Als Enkelkind armenischer Einwanderer in Uruguay geboren, erhält er ein Stipendium für das Land seiner Vorfahren. In Armenien studiert er an der Technischen Universität und macht Kurse an der Musikhochschule, im Studentenheim in Jerewan schließt er Freundschaften quer über den Globus – „fast wie später dann im Afro“. Nach Graz gelangt Juan Carlos, weil eine junge Voitsbergerin, die ebenfalls in Armenien studiert, ihn einlädt.
„Luxushotel“ Studierendenheim
„In Armenien war mein Studentenzimmer klein, kalt und die Wände hatten Löcher“, erzählt Juan Carlos. Wunderbar dagegen erschien ihm die Unterkunft im AAI: „Für mich war es wie ein Luxushotel“, lacht er. Briefe-Frankieren, Möbel schleppen, Getränke servieren oder Musik machen in der Herrengasse: Geld verdient Juan Carlos mit Straßenmusik oder mit kleineren Jobs im „Afro“ oder in der damaligen Diözesankommission für Weltkirche und Entwicklungsförderung.
Freundschaft für ein ganzes Leben
„Geld war wichtig, um zu überleben, aber mindestens genauso wichtig waren die Kontakte, die ich bei der Arbeit knüpfen konnte.“ Und so wurden aus unzähligen zufälligen Begegnungen bald Bekanntschaften, die längst Freundschaften geworden sind. Aus dem Plan, in Graz lediglich Geld zu verdienen und zurückzugehen nach Armenien und später nach Uruguay, wird nichts, als er beim Unterrichten an einer Musikschule in der Obersteiermark eine gebürtige Griechin kennenlernt, sie heiratet und mit ihr eine Familie gründet.
Auch wenn Juan Carlos Sungurlian Barsumian immer noch gern die Welt bereist – Graz ist längst seine zweite Heimat. „Ich genieße diese Stadt – und wie!“ Für das „Afro“ wünscht er sich, „… dass es so weitergehen möge wie bisher. Für mich war es großartig, Freundschaften zu schließen mit Menschen anderer Nationen. Und genau das geht im Afro fasst wie von selbst. Hier bin ich immer noch zuhause.“
Anna Maria Steiner
Kurz notiert
Wir sind keine Insel
Landtagsabgeordnete Sandra Holasek, welche zum 60-Jahr-Jubiläum Glückwünsche und Wertschätzung von Landeshauptmann Christopher Drexler überbrachte, hielt in Ihrem Statement im Rahmen des Festaktes fest, dass, wie ein Leitspruch des AAI besagt, wir keine Insel sind, und es daher wichtig sei, Institutionen wie das AAI zu haben. „Gerade Studierende, wenn sie hier ankommen, brauchen Orientierung, wir brauchen den Nächsten, wir sind keine Insel und funktionieren alleine nicht gut“, so Holasek. Sie betonte, dass es zum Bild der Insel auch einen Anker brauche, „wo wir wissen, hier sind wir sicher, hier können wir ein und ausgehen auch ein Leben lang und in Verbindung bleiben.“ Für Holasek ist es eine Qualität, unterschiedlich zu sein und vielfältige Zugänge zur Lösung von Problemen zu haben – das ist es was unsere Gesellschaft braucht und das ist es, was wir kultivieren müssen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.