Himmlische Tugenden | Teil 01
Demut macht den Blick frei
Demut – den Stolz überwinden
Die Tugenden öffnen uns zum Du hin. Sie sind Wegweiser, die uns aus dem Kreisen um uns selbst führen.
In Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst.
Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen. Phil 2,1–4
Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe. Joh 13,12–14
Als nun Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ihm ehrfürchtig zu Füßen. Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch. Apg 10,25-26
Der getretene Wurm krümmt sich. So ist es klug. Er verringert damit die Wahrscheinlichkeit, von neuem getreten zu werden.
In der Sprache der Moral: Demut. Friedrich Nietzsche
Demut ist Unverwundbarkeit. Marie von Ebner-Eschenbach
Ohnmächtig geworden, kommt man zu sich. Elazar Benyoëtz
Nimmt man sich leicht, wird man erträglich. Elazar Benyoëtz
Witze dienen der „Demut des Glaubens“:
Ein Jesuit und ein Franziskaner wollen ihre Orden rühmen, sie steigern sich in einen Wettstreit der Vorzüge. Immer hat der Jesuit die erfolgreicheren Brüder – größere Literaten, tiefere Denker, bessere Wissenschaftler. Da wird es dem Franziskaner zu viel, und er ruft verzweifelt aus: „Aber in der Demut sind wir nicht zu schlagen!“
Impuls
Die Redewendung „Er dünkt sich für keine Sau“ beschreibt in der Literatur des Barock sehr bildhaft hoch- und übermütige Personen. „Er oder sie hält sich für eine Sau“ – wäre das in der Umkehrung schon Ausdruck für eine demütige Person? Demut ist nicht selbstverliebt. Aber sie verlangt auch nicht, sich selbst grundlos zu
demütigen. Demut – als Mut zum Dienen – kann freiwillig auf die eigene Größe verzichten. Er oder sie hält sich für nichts Besseres.
Er oder sie ist sich aber auch nicht zu schade zu dienen. Demut kennt sehr wohl den eigenen Wert, hat aber den Mut, die eigene Wichtigkeit beiseite zu lassen. Damit hat sie wieder freien Blick und freie Hände.
In der Geschichte der christlichen Spiritualitäten war diese Tugend immer wieder hoch in Mode. In den letzten Jahren wird Demut aber in der Management-Beratung „gehypt“ (etwas hochjubeln, zum Hype, Modetrend erklären). Demut gilt hier als „enorm unterschätztes Machtmittel“, deshalb ein Buchtitel aus diesem Jahr 2021: „Mit Demut zum Erfolg. Leadership im 21. Jahrhundert“. Also lässt sich Demut einfach antrainieren, um sie dann anzuwenden und erfolgreich einzusetzen? Das wäre doch schön! Denn Demut „wirkt“ ja auf den zurück, der sie lebt. „Wahre Demut vergisst ganz, dass sie demütig ist!“, diese Beobachtung wird Martin Luther zugesagt. Und eine verwandelnde Kraft, ein religiöses Geheimnis der Demut beschreibt der Dichter Elazar Benyoëtz in diesem Aphorismus: „Berühre ich die Erde, begreife ich den Himmel.“
konkret: Demut entdecken
- Sieger oder Verlierer von politischen Wahlen müssten wie reagieren, dass es echt demütig wäre? Macht sich „Demut“ bezahlt – aus Ihrer Erfahrung? Erinnern Sie sich an konkrete Momente, in denen Ihnen beeindruckende Demut begegnete? Wo in der kirchlichen Verkündigung haben Sie Demut vor Gott gespürt?
- Stellen Sie sich vor, GOTT blickt Sie voller Liebe, Wertschätzung und Barmherzigkeit an … Verweilen Sie ein bisschen in Seiner Gegenwart … Nun will Jesus Ihnen Ihre Füße waschen …
Was sagen Sie, was fühlen Sie …?
Christoph Kainradl
arbeitet als Fachreferent für Liturgie und Sakramente im Fachbereich Pastoral & Theologie
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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