Beten mit Israel | Teil 06
Beten in großem Leid

Verdammt zu Leid und Qual. So steht es neben diesem Graffiti nach einem Motiv von Edvard Munch. | Foto: de.academic.ru
  • Verdammt zu Leid und Qual. So steht es neben diesem Graffiti nach einem Motiv von Edvard Munch.
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Jeremia: Ein Geschundener und Gedemütigter klagt Gott an

Jer 20,7–18)

In den Psalmen nehmen Klagen sogar zwei Drittel des Umfangs ein. Doch gerade in der Not erweist sich oft auch Gottes Hilfe als besonders mächtig. Unter den Propheten erfährt keiner mehr Leid als Jeremia. Mehrmals wird er gefangen, geschlagen, gerät in Lebensgefahr; am Ende wird er nach Ägypten verschleppt (Jer 43,5f). Wegen seines Schicksals bringt man ihn später mit Jesus in Verbindung (Matthäus 16,14). Besonders beeindruckend in dem nach ihm benannten Buch sind einige Klagetexte, die so genannten „Konfessionen“ „Bekenntnisse“, zwischen Jer 11 und 20.

Demütigung. Jeremias letztem „Bekenntnis’“ (Jer 20,7–18) geht voraus (v1–6), dass ihn ausgerechnet sein Priester- und Prophetenkollege Paschhur foltern, bloßstellen und über Nacht einsperren lässt. Diese bittere, demütigende Erfahrung löst als Reaktion die intensivste Klage des Buches aus.

Ringen mit Gott. Eine massive Anklage macht den Auftakt in v7: Gott habe ihn verlockt, verleitet, und dabei Erfolg gehabt. Die Jeremia übertragene Sendung wird zurückgewiesen und stößt auf Spott. Ungeschminkt spricht er seine Enttäuschungen vor Gott an.

Ausweglos. Dessen Auftrag verlangt, das überall geschehende Unrecht lautstark anzuklagen (v8). Wie so oft, wird Kritik nicht gern gehört und bringt Jeremia nur Schmach ein. Wenn er dagegen schweigt, geht es ihm auch nicht besser: Dann ist das innere Leiden nicht zu ertragen (v9). Er hat keine Chance, Beschämung und Schmerzen zu entkommen.

Vertraute. Was ihn besonders trifft, ist das Verhalten von Freunden. Ihm Nahestehende („…meines Friedens“, v10) stellen sich gegen ihn und verspotten ihn, noch dazu mit dem für seine Anklagen typischen Spruch „Grauen ringsum!“ (bereits Jer 6,25), den sie nun auf ihn anwenden. – Im Beten können Trauer über Ausweglosigkeit, tiefe Verletzungen und Gemeinheiten Ausdruck finden.

Hoffnung. Scheinbar wie aus einer anderen Welt taucht in v11–13 eine total geänderte Stimmung auf. Der Prophet ist voller Zuversicht, dass Gott hilfreich auf seiner Seite steht, einen gerechten Ausgleich für sein Leid und seine Schmach herbeiführen wird – so sehr, dass er schon zum Lob für ihn auffordert.

Zerrissen. Doch danach kippt die Stimmung wieder, zu ganz düsteren Verwünschungen und Fragen (v14–18). Lieber gar nicht geboren sein, als so viel aushalten zu müssen – denkt Jeremia, und wie er fühlen viele Menschen. Sein Beten hier spiegelt die innere Gespaltenheit und das Auf und Ab seiner Gefühle. Im raschen Wechsel von (An-)Klagen zu Lob und dann zu verzweifelten Äußerungen enthüllen sich menschliche Zerbrechlichkeit und Unsicherheit – auch sie haben im Beten Platz.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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