Leben im Heiligen Land | Teil 01
Beten: das persönliche Passwort zu Gott

Von seiner frühesten Jugend an wird jedes jüdisches Kind in die Traditionen seiner Eltern eingeführt. Zu Hause und in der Synagoge wird das „Sch’ma Israel“ – „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einer“ gebetet. | Foto: Archiv
  • Von seiner frühesten Jugend an wird jedes jüdisches Kind in die Traditionen seiner Eltern eingeführt. Zu Hause und in der Synagoge wird das „Sch’ma Israel“ – „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einer“ gebetet.
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Von seiner frühesten Jugend an wurde jedes jüdisches Kind in die Traditionen seiner Eltern eingeführt. Es lernte die wichtigsten Glaubenswahrheiten Israels auswendig. So erlebte es auch Jesus bei seinen Eltern in Nazaret.

Maria war sicherlich eine schriftkundige Frau; denn sie kannte sich in der Überlieferung ihres Volkes aus. Das beweist ihr Magnifikat. All diese Zitate aus den heiligen Schriften ihrer Väter klingen wie die Ouvertüre zu einer Befreiungstheologie an unser Ohr: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“ (Lk 1,52).

Josef wird im Evangelium schlechthin als der Gerechte bezeichnet (Mt 1,19). Als frommer Jude und Davidite beachtete er die Weisungen Gottes und handelte danach. Dass er die Tora barmherzig auslegte, zeigt seine Reaktion, als er die Schwangerschaft seiner Frau bemerkte. „Was soll ich nur tun“, überlegte er fieberhaft. „Vertusche ich die ganze Sache, dann komme ich mit dem Gesetz Gottes in Konflikt. Zeige ich sie öffentlich an, dann wird sie mit Sicherheit gesteinigt. Ist aber tatsächlich in ihr das Kind durch göttliche Kraft gewirkt, dann mache ich mich an ihrem Tod mitschuldig. Was soll ich nur anfangen?“ Er konnte und wollte Maria nicht einfach bloßstellen. In diesem großen seelischen Konflikt gewannen allmählich Milde, Nachsicht und sein Gerechtigkeitssinn die Oberhand.

In dieser Umgebung wuchs Jesus auf. Er lernte durch den „gerechten“ Vater und die schriftkundige Mutter in seiner aramäischen Sprache Gott seinen Vater nennen. Eingebunden in das Leben einer jüdischen Familie hörte Jesus immer wieder zu Hause und in der Synagoge das „Sch’ma Israel“ – „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einer. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben, mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft“ (Dtn 6,4f). Dieses zentrale Gebet der jüdischen Tradition wurde morgens und abends gesprochen.

Jüdische Kinder wurden dazu erzogen, religiöse Fragen zu stellen. Die Urfrage, die ein Knabe in der Osternacht an die Erwachsenen zu richten hatte, lautete: „Was bedeutet diese Feier?“ (Ex 12,26). Als Antwort darauf folgte die Erzählung von der Befreiung durch die Macht Gottes von der Knechtschaft in Ägypten (Ex 12,27ff).

So lernte der junge Jesus nicht nur in den täglichen Gebeten, beispielsweise vor jeder Mahlzeit, seinen Gott kennen, sondern vor allem auch bei den großen religiösen Feierlichkeiten: beim Pesachfest, dem Erntedankfest, am Versöhnungstag, dem Yom Kippur oder beim Laubhüttenfest.

„Hatte dieser Junge eine höhere Schule besucht? Woher nahm er solche Weisheit?“ fragten sich die Schriftgelehrten, als der Zwölfjährige, der fast noch nicht richtig ein „Sohn des Gesetzes“ geworden war, mit seinen Antworten und Fragen geradezu verblüffte (Lk 2,41–52).

Es ist nicht auszuschließen, dass Jesus in Nazaret auf eine Art Elementarschule (Beth ha-Sefer) gegangen war. Dort lernten die Kinder durch Schreiben und Lesen die Weisungen Gottes verstehen. Dass zwölfjährige Knaben manche Teile der Tora, manche Prophetenworte auswendig wussten, dürfte auch zur Zeit Jesu keine Seltenheit gewesen sein. Vor allem prophetische Aussagen hatten auf Jesus einen bleibenden Eindruck hinterlassen, besonders wenn es sich um Bekehrung und Hinwendung zu Gott handelte. Sie sind es, die später sein ganzes Verhalten wesentlich beeinflussten.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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