Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 066
Berufung zum Dienst
Die Weihe
Die religiöse Praxis der Christen kennt das Zusprechen von Segen über Personen bei Knotenpunkten des Lebens (Brautsegen, Taufsegen, Segen für die Verstorbenen usw.) oder Ereignissen („Gesegnetes Fest“, „Gesegnete Mahlzeit“ u. Ä.). Im katholischen Brauchtum werden auch Häuser, Gegenstände, Tiere und Pflanzen gesegnet. Jeder Christ kann durch das Kreuzzeichen Lebewesen oder Sachen segnen, um sie damit dem Schutz Gottes in besonderer Weise zu empfehlen. Im Volksbrauchtum schleicht sich leicht die Vorstellung ein, damit seien besondere magische Kräfte verbunden: Wer etwa ein Auto segnet oder segnen lässt oder eine Christophorusplakette anbringt, hat dadurch keinen Schutzbrief bei risikoreicherem Fahren. Ziel des Segens wäre im Fall der Autosegnung vielmehr, dieses segensreich, das heißt verantwortungsbewusst gegenüber den Mitmenschen und sich selbst zu benutzen. Wer einen Segen ausspricht, bringt das Wissen zum Ausdruck, dass der Mensch mehr zum Leben braucht, als er selbst schaffen kann oder ihm von der Natur vorgegeben ist. Von den vielen biblischen Belegen für Segenswünsche ist der Segen des Aaron der bekannteste.
Vom Segen unterschieden ist die Weihe, die für Menschen oder Gegenstände bestimmt ist, die besonders für den Dienst an Gott vorgesehen sind. An Kirchen, Altären, Glocken oder Orgeln wird etwa eine Weihe vorgenommen, wobei die sprachlichen Übergänge zwischen Weihen und Segnungen (von Wasser, Speisen, „Weihrauch“, Ölen) oft fließend sind. Die für die Segnung oder Weihe zu sprechenden Gebete sind in eigenen liturgischen Büchern festgelegt („Benediktionale“ = Buch der Segnungen). In bestimmten Ritualen erfolgt eine Einweisung in Mysterien und Traditionen einer Kultur oder Religionsgemeinschaft, mit der göttlicher Schutz, Machtübertragung und häufig auch eine Aussonderung aus der weltlichen Sphäre verbunden sind.
Die katholische und die orthodoxe Kirche zählen die Weihe in drei Stufen (Diakon, Priester, Bischof) zu den Sakramenten, während die Weihe von Jungfrauen, Äbten oder Äbtissinnen zu den Sakramentalien gehört.
Das Weihesakrament wird nach biblischer Tradition durch den Bischof in der Eucharistiefeier durch Gebet und Handauflegung übertragen. In der auch Ordination (lat. ordo = Stand) genannten Handlung wird durch ein Bittgebet um die Ausgießung des Geistes und die Gnadengaben gebetet, die für das jeweilige Amt notwendig sind. Die Handauflegung ist eine Praxis, die eine Kontinuität zu den Aposteln herstellt. Der erste Brief an Timotheus erinnert und ermahnt: „Vernachlässige die Gnade nicht, die in dir ist und die dir verliehen wurde, als dir die Ältesten aufgrund prophetischer Worte die Hände auflegten.“ Die ununterbrochene Rückführung der Handauflegung auf die Urkirche nennt man „apostolische Sukzession“. Die Weihe prägt ein „unauslöschliches Siegel“ ein („character indelebilis“), welches niemals und durch keine Umstände verloren gehen kann, ebenso wie die der jeweiligen Weihestufe entsprechende Weihegewalt, die auch dann nicht erlischt, wenn sie nicht ausgeübt werden darf oder kann. Die Weihe ausdeutende Riten sind die Salbung des Hauptes der Bischöfe bzw. der Hände der Priester mit Chrisam, die Übergabe der Amtsgewänder, die Überreichung von Kelch und Patene für die Priester sowie des Evangelienbuches für die Diakone und der abschließende Friedensgruß mit dem Weihespender.
Die katholische Kirche unterschied bis zum II. Vatikanischen Konzil zwischen „niederen“ Weihen, die ursprünglich aus Hilfsdiensten entstanden waren und die Ämter des Ostiariers, Lektors, Exorzisten und Akolythen umfassten. Die „höheren“ Weihen waren jene des (Sub-)Diakons, Priesters und Bischofs.
Die katholische Kirche kennt seitdem nur noch drei Weihestufen in einem Sakrament, die nur nacheinander empfangen werden können.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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