Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 020
An welchen Gott glauben Christen?
Ein Gott in drei Personen?
Selbst gebildete Christen geraten ins Stocken, wenn sie auf die göttliche Dreifaltigkeit angesprochen werden. Und nicht nur sie: Dem Großteil der Geistlichen scheint es nicht anders zu gehen. Aus den meist bemerkenswert kurzen Predigten zum Dreifaltigkeitssonntag hört man die Verlegenheit förmlich heraus. Angesichts dessen wirkt die Aussage, die Trinität sei Geheimnis im strengen Sinn des Wortes und bleibe dem menschlichen Verstehen deshalb auf Dauer verschlossen, nicht selten wie eine billige Ausrede.
Der Gott Jesu
Um erklären zu können, was das Bekenntnis von dem einen Gott in drei Personen meint und wie es zu ihm kam, erscheint es am sinnvollsten, beim Zeugnis des Neuen Testaments anzusetzen und von dort aus den Weg des Denkens nachzuzeichnen. Auch wenn das ausdrückliche Bekenntnis zum trinitarischen Gott sich im Zuge des Nachdenkens über den Glauben erst allmählich herausbildete, so ist es doch keine Kopfgeburt der Theologen. Vielmehr verlangen grundlegende Aussagen des Neuen Testaments von sich aus nach einem trinitarischen Ausdruck. Jesus, der ganz aus der Verbundenheit mit dem Vater lebt, kann von sich sagen: „Ich und der Vater sind eins.“ (Joh 10,30) Diese Aussage tiefer Verbundenheit steht neben anderen Aussagen, die auf ein Gegenüber von Vater und Sohn hinweisen. So spricht der Sohn immer wieder davon, dass er vom Vater gesandt ist (Joh 6,57), und verweist in seiner Predigt immer wieder auf diesen Vater (Lk 23,34). Besonders deutlich tritt das Gegenüber von Vater und Sohn in der Situation hervor, die Jesus am Vorabend seines Todes im Garten Getsemane durchlebt. In der Vorausahnung seines Todes wendet er sich an den Vater mit den Worten: „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ (Mt 26,39)
Daneben gibt es ähnliche Aussagen, die von einer Verbundenheit Jesu mit dem Geist sprechen. Jesus wird Mensch in der Kraft des Heiligen Geistes (Lk 1,35), der Geist begleitet ihn auf seinem irdischen Weg (Lk 2,27) und treibt ihn in die Wüste zu Gebet und Fasten (Mt 4,1). In der Kraft des Geistes wirkt der Sohn Wunder (Lk 12,28), in der Kraft des Geistes bewirkt zudem der Vater die Auferstehung des Sohnes (Röm 8,11), in der Kraft des Geistes ist der Sohn schließlich bleibend in der Welt gegenwärtig. Dem Johannesevangelium zufolge verheißt er seinen Jüngern diesen Geist mit den Worten: „Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen.“ (Joh 15,26) – So finden sich an zentralen Punkten der Geschichte Jesu immer wieder Hinweise darauf, dass Jesus ganz aus seiner Beziehung zum Vater und zum Geist lebt.
Dies erklärt, warum bereits die ersten Christen nicht nur den Vater als Gott ansprachen, sondern mit dem Titel „Sohn Gottes“ auch Jesus eine göttliche Existenz zuerkannten. Es erklärt zudem, warum man schon bald auch vom Geist, der den Weg Jesu begleitet, Göttlichkeit aussagte. Um diese Einsichten zusammenzufassen, entstanden bereits in den ersten Gemeinden Kurzformeln des Glaubens, die zunächst zweigliedrig strukturiert waren, also auf Vater und Sohn abhoben, bald aber schon dreigliedrig ansetzten und von Vater, Sohn und Geist gleichermaßen sprachen. Grußformeln, mit denen der Apostel Paulus Briefe eröffnet oder beschließt (2 Kor 13,13), sind dafür ebenso ein Beispiel wie der Missionsbefehl im Matthäusevangelium.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.