Ordensleben in der Steiermark | Teil 22+
Als Laienbruder frei für Frische des Evangeliums
Stille offenbare etwas in uns, ermutigt Br. Rudolf Leichtfried.
Was hat Sie zu den Kapuzinern gezogen?
Die Radikalität des Franz von Assisi. Mit 25 Jahren kam ich das erste Mal nach Assisi, als Sekretär der Katholischen Jugend St. Pölten. Ich spürte: Das ist es! Der nächste Weg führte mich nach Scheibbs, den Nachbarort meiner Heimatgemeinde Oberndorf an der Melk. Dort wirkten Kapuziner. Ein halbes Jahr später marschierte ich zu Fuß nach Linz und trat ein. Nach dem Noviziat kam ich 1980 nach Irdning und blieb.
Wie lebt ein Kapuziner?
Mir waren die Stille, die Kontemplation (Betrachtung, Versenkung), der einfache Lebensstil wichtig, aber auch die Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit. Völlig klar war mir, dass ich wie Franziskus nicht Priester werde. Als der Mann, der ich bin, will ich das Evangelium leben.
Karriereaussichten?
Es gefällt mir, dass das in unserem Kloster ein bisschen auf dem Kopf steht. Der Guardian muss nichts werden auf der Karriereleiter. Er zieht in der Kirche mit den Ministranten und Weihrauch, dem Duft der Gegenwart Gottes, ein. Ich trage die Flamme, will Zeuge sein für die Gegenwart Gottes und die Frische des Evangeliums.
Ist es nicht schade, dass Sie kein Pater und Priester sind?
Es bedeutet einen eigenartigen Schmerz, wenn Kirchengeher das sagen. Aber ich verzichte nicht aus Ideologie, sondern aus meiner Berufung. Nebenbei hat sich durch diese Fügung ein Spielraum und Freiraum ergeben, den ich als Priester nicht hätte: Ich biete seit über 20 Jahren in Irdning als Laienbruder kontemplative Exerzitien an.
Kirche und Orden – ein sinkendes Schiff?
Es kommt auf den richtigen Blick an. Bei allen Krisen und Skandalen und der negativen Spirale „wir werden immer weniger, kleiner und älter“: Ich schaue auf die Leute, die glaubwürdig leben wie Roger Schutz oder Dom Helder Camara. Ich staune auch, dass im Jahr 250 Leute für zehn Tage oder eine kürzere Zeit bei uns in die Stille gehen. Sie offenbart etwas in uns aus der tiefsten Tiefe.
Was macht im Orden mutlos?
Ich erlebe es als Gnade, dass ich nach 35 Jahren noch immer Kapuziner bin, dass ich nicht abgestürzt bin. Der Weg, den ich einmal gewählt habe, war stärker als Fehlhaltungen und anderes. Lähmend wäre, wenn es im Lebensstil eines Klosters zu wenig Austausch gäbe. Das Leben ist konkret. Wir setzen uns ein Mal in der Woche zusammen und reden: Wie geht es uns miteinander? Von Lachen bis Weinen ist alles drinnen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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