APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
30. Hatte Jesus etwas gegen Reiche?

Doch weh euch, ihr Reichen; denn ihr habt euren Trost schon empfangen.“ (Lk 6,24) – Jesus provoziert, wenn er über Reiche und Reichtum spricht. Denn wer im Überfluss schwelgt und sich selbst mit Materiellem über die Begrenztheiten der irdischen Existenz „hinwegtröstet“, läuft Gefahr, seinen Nächsten und Gott zu vergessen. Selbst die Jünger sind von der Radikalität Jesu bestürzt, wenn er es für (fast) unmöglich hält, als Reicher ins Reich Gottes zu gelangen: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr.“ (Mk 10,25) Und sie fragen sich zu Recht: „Wer kann dann [überhaupt] noch gerettet werden?“ – Jesu Antwort lautet: „Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.“ (Mk 10,27)

Wer „nur für sich selbst Schätze sammelt“, ist „bei Gott nicht reich“ (Lk 12,21). Denn aller irdische Besitz ist vorläufig und verstellt zu leicht den Blick auf das Wesentliche im Leben, das Jesus „Reich Gottes“ nennt: Vertrauen in Gott, Mitgefühl mit den Armen, Barmherzigkeit und Liebe. Seine Botschaft ist klar: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ (Mt 6,24) Mammon ist das aramäische Wort für Besitz und Reichtum. Die wahren Schätze, die es zu sammeln gilt und die „Motte und Wurm“ nicht zerstören können, sind jene des „Himmels“ (vgl. Mt 6,20). Sie geben dem Leben Sinn.

Aber wer ist nun in Jesu Augen ein „reicher“ Mensch? – Die in Palästina dünn gesäte Schicht der „Reichen“, vornehmlich Großgrundbesitzer, waren jene, die sich auch eine schicke Stadtwohnung in Jerusalem leisten konnten. Die unterste Schicht der jüdischen Bevölkerung bildeten Kleinbauern und Tagelöhner. Jesus selbst zählte als Handwerker wie die Kleinhändler und auch die gewöhnlichen Priester zur sozialen Mittelschicht.

Einen besonders schlechten Ruf hatten all jene, die beispielsweise Steuern, Zölle und Abgaben für die Römer eintrieben und zu eigenen Gunsten Tarife erhöhten. So wundert es nicht, dass Jesus sich über den Zöllner Zachäus (vgl. Lk 19,1–10) und dessen Großzügigkeit freut, als dieser verspricht, die Hälfte seines Vermögens den Armen zu spenden und das Vierfache zurückzugeben, sollte er von jemandem zu viel gefordert haben: „Heute ist diesem Haus Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist.“
Der „arme Lazarus“ in einem bekannten Gleichnis Jesu (vgl. Lk 16,19–31), Symbol für alle irdisch Zukurzgekommenen, geht kläglich vor der Tür eines Reichen zugrunde, erfährt aber nach seinem Tod Gottes Heil. Der unbarmherzige Reiche hingegen muss am Ende des Gleichnisses bitter erkennen, dass sein Leben an der Unvernunft und Enge seines Herzens gescheitert ist. Er ist in seinem Reichtum „umgekommen“, hat sich selbst seiner Menschlichkeit beraubt. Ungerechte irdische Verhältnisse erfahren spätestens in Gottes Welt eine Umkehrung: „Viele Erste werden Letzte sein und Letzte Erste.“ (Mt 19,30 und öfter)

Die Moral von der Geschicht‘? – Das uns Menschen Geschenkte, egal um welche „Reichtümer“ es sich handelt, sollte im Blick auf das größere Ganze klug und umsichtig, ja mit-menschlich geteilt werden. Das fordert Jesus!

Irene Maria Unger

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Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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