APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
22. Hat Jesus wirklich Kranke geheilt?

„Denn ich bin der Herr, dein Arzt.“ (Ex 15,26)

Heil sein heißt, ein erfülltes und glückliches Leben zu führen. Nicht nur körperlich und ökonomisch, sondern auch mental und sozial. Aus eigener Kraft gelingt ein allseitiges Heil aber nicht. Wir sind aufeinander und – so lehren Bibel und christlicher Glaube – auf die Gnade Gottes angewiesen. Es bleibt ein Geschenk, das man nicht einfordern kann.

Wenn Jesus heilt, verhilft er dem Menschen zu einem Leben in Fülle. Er durchbricht die Mauern der psychischen und physischen Isolation, sodass Blinde im wahrsten Sinne des Wortes sehen und Taube endlich hören können, Gebückte aufgerichtet und Aussätzige rein werden sowie Besessene zur Ruhe kommen. Sogar für tot Erklärte erweckt er zu neuem Leben.

Im Alten Orient kennt man die Trennung von körperlicher und seelischer Erkrankung noch nicht. Die Person als ganze wird von der Krankheit „angegriffen“. Diese wird als Prüfung oder Strafe, die von außen (Gottheiten, bösen Geistern) kommt, interpretiert: Beispielsweise wird auf Betreiben des Satans Ijob, der leidende Gerechte aus dem gleichnamigen Weisheitsbuch, durch Krankheit und persönliche Verluste geprüft. Im zweiten Buch der Chronik (21,1–20) lesen wir, dass Joram für seinen schändlichen Lebenswandel von Gott mit Austreten seiner Eingeweide bestraft wird. Womöglich wollte man sich so das Phänomen „Krankheit“ erklären.

Dass man daher Gott zugleich um Heilung und Vergebung der Sünden bat, war logisch. Auch Jesus verbindet die Heilung des Gelähmten mit der Sündenvergebung: „Hab Vertrauen, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ (Mt 9,2 par.) Es ist aber bei Jesus keine Bedingung für die Heilung. Im Gegenteil: Er fragt nicht nach dem Grund der Erkrankung. Er heilt einfach. Wie ein Arzt. Jesus durchbricht diesen oft toxischen „Tun-Ergehen-Zusammenhang“ und sagt schlicht eine „Heils-Zeit“ an.

Demnach: Ja, Jesus hat Kranke geheilt. – Ganzheitlich.

Die gute Überlieferungslage lässt daran keinen Zweifel. Er heilt durch Handauflegung oder auch einmal durch Spucke (vgl. Mk 7,33) – ein damals durchaus geläufiger Ritus – oder durch sein kraftvolles und den „Dämonen“ angsteinflößendes Auftreten. Es sind gerade die Exorzismen, die unter seinen Taten am breitesten bezeugt sind. Als „dämonisch besessen“ galt, wer von der „Normalpersönlichkeit“ stark abwich und unkontrolliert, unvermittelt, aggressiv oder manisch handelte, ja sich auffällig verhielt oder epileptisch war. So sind laut Evangelien z. B. aus Maria Magdalena „sieben Dämonen ausgefahren“ (vgl. Lk 8,2) und aus einem besessenen Jüngling ein „stummer und tauber Geist“ (Mk 9,25f.), der ihn zu Boden warf, ihn Zähne knirschen und Schaum vorm Mund bilden ließ.

Jesus war ohne Zweifel ein im Volk beliebter charismatischer „Heiler“. Er selbst sah in seinem Wirken ein Zeichen, dass das Reich Gottes da ist und sich durchsetzt: Heilung und Heil für die Menschen. Umfassend.

Irene Maria Unger

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Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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