APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
10. Hatte Jesus ein Haus?
Zumindest wusste er, wie man Häuser baut (vgl. Mt 7,24–27). Denn er hat das Bauhandwerk von Josef in Nazaret erlernt. Das Licht der Welt soll er allerdings – so eine frühchristliche Überlieferung – nicht in einem Haus, sondern in einer „Höhle“ (mit Futterkrippe) in Betlehem erblickt haben. Aber das ist unsicher. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er jedenfalls in Nazaret (vgl. Mk 6,3; Mt 13,55). Der englische Archäologe Ken Dark glaubt sogar, Reste des Elternhauses Jesu unter dem Kloster der „Sisters of Nazareth“ (GPS 32.702445, 35.296828) gefunden zu haben. 2020 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner 14-jährigen Arbeit. Ob die teilweise in den Felsen gehauene Wohnstätte aus dem ersten Jahrhundert, die er erforscht hat, tatsächlich der Familie Jesu gehört hat? Möglich. Aber endgültig beweisen lässt sich da nichts. Über die konkreten Wohnverhältnisse, in denen Jesus aufwuchs, wissen wir also nichts. Ob er später auch ein eigenes Haus hatte?
Das Johannesevangelium erzählt, dass er sich eine Zeitlang bei Johannes dem Täufer in der Nähe Betaniens östlich des Jordans aufhielt. Dort folgten ihm eines Tages zwei junge Männer. „Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister –, wo wohnst du? Er sagte zu ihnen: Kommt und seht! Da kamen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm.“ (Joh 1,38f.) Damals hatte Jesus zumindest eine Wohnung, in der er auch Freunden Platz bieten konnte. „Als Jesus hörte, dass Johannes ausgeliefert worden war, kehrte er nach Galiläa zurück. Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt.“ (Mt 4,12f.) Sehr viel erfahren wir aus der Bibel über das Wohnen Jesu in Kafarnaum nicht (vgl. Mk 2,1 und öfter). Im griechischen Urtext steht schlicht oíkos, also „Haus“. Übrigens wohnten auch einige seiner Vertrauten, darunter der verheiratete Simon Petrus und dessen Bruder Andreas, in Kafarnaum (vgl. Mk 1,29). Über den archäologischen Resten des vermuteten Petrushauses wurde in den 1980er-Jahren auf Strebestützen eine moderne Kirche errichtet.
Von seinem Stützpunkt in Kafarnaum zog Jesus dann mit seinen Jüngern und Jüngerinnen durch die Ortschaften Galiläas und hin und wieder darüber hinaus. Dass er dabei auch manchmal im Freien oder bei Freunden übernachtete, ist möglich. Eine sichere Bleibe konnte er denen, die sich ihm anschlossen, jedenfalls nicht bieten. Sie mussten bereit sein, im Ernstfall auch bescheidene Annehmlichkeiten hinter sich zu lassen: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, der Menschensohn aber hat keinen Platz, wohin er seinen Kopf hinlegen kann.“ (Mt 8,20 par.) Ganz wichtig war ihm, dem ehemaligen Bauhandwerker, dass alle Menschen in der Liebe Gottes ein Zuhause finden. Das Johannesevangelium fasst dieses Anliegen Jesu später so zusammen: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.“ (Joh 14,1f.)
Karl Veitschegger
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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