Mutworte - Johannes Marböck
Werkstatt des Friedens
Wer das Jesaja-Buch zu lesen beginnt und sich in dieses Buch hineinbegibt, kann ähnliche Erfahrungen machen wie beim Betreten einer Kathedrale. Da gibt es mächtige Konturen, Räume mit vielen Kostbarkeiten – ein Bau, an dem Jahrhunderte gebaut haben. Gleich am Anfang des Buches im großen Eingangsportal begegnet uns ein großartiges Bild der Zukunft, der Vollendung „am Ende der Tage“: der Berg, der Berggipfel mit dem Haus des Herrn, ein Ort, der alle Völker derart fasziniert, dass sie dorthin strömen.
Im Jesaja-Buch geht es um weitaus mehr als um Voraussagen des Messias. Es geht um einen großen Aufbruch der ganzen Welt zum Ziel, das Gott ihr gesetzt hat und das für alle Völker attraktiv und sichtbar wird: Sie sollen sich gegenseitig zum Aufstieg ermuntern. Denn dort erhoffen sie etwas, wonach sie Sehnsucht haben, eine Orientierung, die von dort ausgeht: das Wort des Herrn, das mit seiner Kraft offenbar die Völker beeindruckt. Vor allem werden Konsequenzen erfahrbar und sichtbar, die aktueller gar nicht sein können. Jerusalem wird eine große Werkstatt des Friedens: Aus Industrien der Produktion von Waffen mit ihrer tödlichen Wirkung werden Werkstätten, Werkzeuge des Friedens und des Lebens; Schwerter werden zu Pflugscharen, die dem Brot des Lebens dienen.
Gerade als Kirche sind wir gerufen, Orte zu schaffen, (…) wo Menschen ehrlich und offen miteinander sprechen (…) und Waffen des Denkens und des Redens in Werkzeuge des Lebens, des Füreinander und Miteinander umschmieden.
Aus: „Aus einer Wurzel zart. Impulse zu biblischen Texten der Advent- und Weihnachtszeit“ Verlag Tyrolia, 2016. Johannes Marböck ist emeritierter Professor für Altes Testament.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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