Positionen - Monika Prettenthaler
Von der Wurzel lernen

Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich. Auf der Basis dieser Erkenntnis aus Röm 11,18 begehen die christlichen Kirchen seit über 20 Jahren vor Beginn der Gebetwoche für die Einheit der Christen den Tag des Judentums. Nach Jahrhunderten, in denen das Christentum wesentlich zur Ausbreitung des unheilvollen Antisemitismus beigetragen hat, ist für die katholische Kirche seit dem II. Vatikanischen Konzil ein anderer Grundsatz prägend: Ohne die tragende Wurzel des Judentums, der Religion Jesu und seiner Jüngerinnen und Jünger, ist das Christentum nicht verstehbar. Wie in jeder realen Familie, ist das Bewusstsein für die Verankerung in der Herkunft eine wesentliche Grundlage für (Weiter-)Entwicklung. Boden- und Haltlosigkeit führen nicht umsonst viele ins Unglück.

Neben den Schätzen, die das Erste Testament für Christinnen und Christen bereithält, möchte ich zwei Punkte nennen, die sich die christliche Religion von ihrer älteren Schwester abschauen kann:

Da ist zuerst der zurückhaltende Umgang mit dem Namen G’ttes im Judentum. Weil jeder Name auch Definition ist und das Wesen der benannten Größe zu fassen versucht, genau das aber im Zusammenhang mit G’tt für Menschen unmöglich ist, bringen Jüdinnen und Juden in Sprache und Schrift die Unfassbarkeit G’ttes zum Ausdruck. – Zugleich fasziniert, wie mit G’tt als Du im Gebet gehadert und sogar gestritten werden kann.

Vielleicht nehmen wir den 17. Jänner heuer zum Anlass, mit anderen respekt- und lustvoll, offen und argumentationsfreudig in Gespräch und Diskussion zu bleiben.

Monika Prettenthaler

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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