Positionen - Christian Teissl
Unwiederbringlich

Verliert man seinen Reisepass oder andere wichtige persönliche Dokumente, ist man laut Gesetz dazu verpflichtet, den Verlust zu melden. Dafür gibt es eigene Ämter, Fristen und Formulare. Allerdings: Bei den meisten Verlusten, die man im Laufe des Lebens erleidet, besteht keine Möglichkeit einer Verlustanzeige. Und selbst wenn sie bestünde: Man würde wohl keinen Gebrauch davon machen, ist man sich doch meist gar nicht im Klaren, etwas verloren zu haben.

Es sind Verluste, die sich auf vielerlei Arten vollziehen: in unausgesprochenen Worten, in Gesten, die plötzlich unterbleiben, in Fragen, die keine Antwort mehr finden, in Blicken, die nicht mehr erwidert werden, in Freundschaften, die erkalten, in Bindungen, die zerfallen, in Begegnungen, die sich nicht mehr ereignen – die Liste ist lang.

Christine Busta prägte einmal den schönen Satz: „Wer einen anderen Menschen aufgibt, hat einen Teil von sich selbst aufgegeben.“ Es ist wahr: Mit all den Menschen, die uns einmal nahestanden und nun in die Ferne gerückt sind, die uns einmal vertraut waren und nun Fremde geworden sind, schwindet Stück für Stück unser Leben dahin. Was hilft es, darüber zu klagen? Ihrer im Guten zu gedenken ist genug.

Christian Teissl

teissl@mur.at

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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