Positionen - Leopold Neuhold
Unterbrechung

Schnee fällt. Ein Mann mit Lautsprecher ersucht die Bewohner der Straße, alle Autos auf der gleichen Straßenseite abzustellen, damit der Schneepflug ungehindert seine Arbeit tun könne. Eine Woche später: wieder Schneefall, und die Bitte, die Autos auf die andere Straßenseite zu stellen. Beim dritten Schneemorgen wird durch einen Batterieausfall die Ansage unterbrochen. Ein Mann ist verwirrt: Auf welche Straßenseite soll er nun das Auto stellen? Sein Freund: „Warum lässt du es nicht einfach in der Garage?“
Ist es nicht widersinnig, das Auto aus der Garage zu holen, um die Schneeräumung nicht zu behindern? Und doch verhalten wir uns oft so. Wir lassen uns vom Aufruf zu einer Handlung bestimmen, ohne die Ausgangslage zu bedenken, und ohne zu überlegen, ob wir damit dem Ziel dienen. Das Denken und Handeln geraten oft „zu kurz“, weil die Einordnung ins Ganze fehlt. Das Künftige wird damit nur zu einer Verlängerung der unmittelbaren Gegenwart.
Zukunft ist aber wesentlich das, was auf uns zukommt. Überlegendes Abwarten und daraus abgeleitetes Handeln kann Hoffnung auf das Kommende eröffnen. Liegt nicht in dieser „Unterbrechung“, dadurch dass wir das Auto mittlerweile in der Garage lassen, ein Sinn von Advent?

Leopold Neuhold

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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