Positionen - Monika Prettenthaler
Trotzdem freuen?

Wenn der vierte Fastensonntag mit dem Namen Laetare (‚Freue dich‘) die Fastenzeit unterbricht und die liturgische Farbordnung ein rosa Messgewand statt dem ernsten Violett vorsieht, ist das keine Aufforderung, die Welt durch die rosarote Brille zu sehen und alles Schwere und Problematische zu ignorieren.

Neben anderen Bezügen – Lesungstext, Riten für TaufwerberInnen und römisches Frühlingsbrauchtum – kann Laetare darauf hinweisen, wie zentral das Gefühl Freude für Menschen ist. Nicht umsonst zählt sie zu den Basisemotionen, die der Psychologe Paul Ekman bei Forschungen zur nonverbalen Kommunikation entdeckt hat. Wie alle Grundemotionen wird Freude grundlegend für die menschliche Existenz erachtet und gilt als kulturunabhängig.

Freude kann nicht angeordnet werden. Sie kommt ohne willentliches Zutun, wenn es dazu einen Anlass gibt, klein und leise oder laut jubelnd und bewegend. Neben Erfahrungen stiller Freude, die Menschen für sich allein genießen können, gibt es viele Hinweise, dass Freude vor allem ein soziales Gefühl ist. Freude lebt auch von einer entsprechenden Umgebung, sie braucht andere Menschen, mit denen die Freude geteilt werden kann.

Freude kann sich aber auch verirren. Nämlich dann, wenn sie sich als Schadenfreude am Leid anderer vergnügen will …
Auch am Sonntag Laetare ist Freude kein ‚Muss‘, aber er ist eine Einladung, Gründe zum Trotzdem-Freuen, seien sie noch so klein, nicht zu übersehen. So üben wir Sensibilität – jene Haltung, die wir immer, ganz besonders aber im guten Blick auf die vielen aktuellen Herausforderungen, brauchen.

Monika Prettenthaler

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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