Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Tinte und Feder, Brot und Rosen

Für den Junker Jörg bedeutete die Wartburg einen Zufluchtsort. Unter diesem Pseudonym lebte vor genau 500 Jahren Martin Luther auf dieser Burg in Thüringen. Hier war der im Reich Geächtete geschützt und konnte an seiner Bibelübersetzung arbeiten. Nicht geschützt war er vor dem Bösen; jedenfalls hat er den Teufel in seiner Nähe gespürt und ein Tintenfass nach ihm geworfen. Mit Schrift und Predigt suchte er ja nach der Wahrheit, die Tod und Teufel überwindet. Und Gott besang er als „feste Burg“.
Vor 800 Jahren lebte die heilige Elisabeth auf der Wartburg. Auch sie überwand in dieser Zeit eine Versuchung: nämlich sich im Schutz der Burg und des Reichtums zurückzuziehen vor der allzu harten Wirklichkeit des Lebens vieler. Sie löste sich von solchem Rückzug und war bereit, zu geben, zu teilen, sich ganz den Armen zuzuwenden. Nicht mit Tinte und Feder überwand sie das Böse, sondern mit Brot, das, wenn wir es teilen, für viele als Rose blüht.
Ist die Burg ein Symbol auch für die Kirche von heute geblieben? Ein schützender Raum, der Geborgenheit gibt und Zuflucht: So wird die Kirche auch heute benötigt.
Aber auch die Versuchung ist geblieben: sich als Kirche zurückzuziehen in einen geschützten Raum, die Brücken nach außen hochzuziehen, nicht nur gegenüber den Armen, sondern auch den religiös Suchenden.
Ein schützender Raum wird die Kirche auch heute am besten dort, wo sie Schutzsuchende aufnimmt, aber selbst hinausgeht. Ihr Brot ist schließlich Jesus Christus selbst.

Herbert Meßner, Chefredakteur

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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