Positionen - Barbara Rauchenberger
Schafskrise

Der Kärntner Bischof ist geweiht. Alles gut ausgegangen in dem Kärntner Bischofsdrama, das so viele aus der Kirche getrieben hat, könnte man räsonieren. In den Zeitungen wurden um dieses Ereignis merkwürdige Bezeichnungen zum unhinterfragten Selbstläufer. Die Kleine Zeitung stellte sogar alle österreichischen „Oberhirten“ vor. Oberhirte? War das ein Dienst an den lesenden Schafen oder ein Eselsdienst?
Der Haupttext der neutestamentlichen Hirten-Christologie ist zweifellos die johanneische Hirtenrede (Joh 10,11–30) mit Jesu Selbstaussage: „Ich bin der gute Hirte.“ Später wurden auch andere urkirchliche Amtsträger vom Hirtenbild erfasst. So werden etwa im Brief an die Epheser (Eph 4,11) „Hirten“ in einem Atemzug mit Aposteln, Propheten, Evangelisten und Lehrern genannt, und im ersten Petrusbrief (1Petr 5,2–4) werden die Gemeindeältesten ermahnt: „Weidet die Herde Gottes, die bei euch ist, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie Gott es will! (…) und wenn der Oberhirt sich offenbaren will, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit davontragen.“
Der Oberhirt ist also auf alle Fälle nicht von hier, biblisch gesagt! Es ist der Richter am Ende der Zeiten. Jesus nennt sich nur einen „guten“, keinen „Ober-Hirten“. Er wusste wohl, dass die Sprache im Herzen ist und das Herz in der Sprache. In Österreich hätte er wohl nur dann vom „Ober-Hirten“ gesprochen, wenn er seinen Zuhörern auch noch Kaffee und Kipferl gebracht hätte. Vielleicht wäre das ein österreichischer Beitrag für ein neues Kirchenrecht? Denn letzterem fällt dazu vor allem die „Hirtengewalt“ ein.

Barbara Rauchenberger

Autor:

Ingrid Hohl aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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