Positionen - Svjetlana Wisiak
Ruhe!

Über knapp zwei Wochen zog sich in der Lokalausgabe der Salzburger Nachrichten eine Debatte über Straßenmusikanten durch die Leserbriefspalten. Grundtenor: Straßenmusik ist in der ehrwürdigen Salzburger Altstadt erwünscht, solange sie den Fingern eines Mozarteum-Studenten entspringt. Musiziert hingegen ein vermeintlicher Bettler, der obendrein der Volksgruppe der Roma zuzuordnen ist, so gehört er wohl zweifellos einer organisierten Bande an, die zu zerschlagen ist.

Auch mir ist die Ablehnung gegenüber Straßenmusikern nicht fremd. Fünf Jahre lang musste ich in meiner Studienzeit die schiefen Töne eines verbeulten Saxophons als ungebetenen Mitbewohner erdulden. Mit netten Worten hatte ich es versucht, mit Belehrung über die Straßenmusikverordnung und zuletzt auch mit Polizei, um die täglich achtstündige Dauerbeschallung zu unterbinden. Erspart blieb mir das Gedudel dennoch nicht. Vorurteile gegenüber Roma und Romnja wurden mir außerdem schon in meine bosnischen Kinderschuhe gelegt.

Nicht zuletzt durch meine Arbeit bei den VinziWerken hat sich meine Perspektive aber geändert. Heute weiß ich, dass der Mann, wenn auch talentbefreit, sein blechernes Werkzeug einsetzen muss, um halbwegs über die Runden zu kommen. Heute weiß ich, dass mangelndes Können nicht mit Herkunft verknüpft ist. Vor allem aber würde ich ihm heute statt einer Anzeige eher zehn Euro in die Hand drücken, damit er für ein, zwei Stunden Ruhe gibt – denn vermutlich hält er das Gequietsche selbst nur schwer aus. Praktisch eine Win-Win-Situation.

Svjetlana Wisiak

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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