Positionen - Leopold Neuhold
Platz auf dem Thron

Richtet sich unsere Hoffnung noch auf Frieden, oder haben wir uns nicht schon vielmehr mit Krieg abgefunden? Der Krieg scheint ja wieder zur Normalität geworden zu sein, zu einem „normalen“ Mittel der Politik, einsetzbar wie alle anderen Mittel. Und hat das nicht mit der Selbstüberschätzung von Menschen zu tun, mit der Annahme, das Schicksal nicht nur bestimmen zu können, sondern das Schicksal zu sein?
Präsident Bush stirbt, kommt zu Gott. Auf dessen Frage, woran er glaube, antwortet er: „An Krieg!“ Gott setzt ihn an seine linke Seite. Als Obama kommt und auf die gleiche Frage mit „An Frieden!“ antwortet, wird ihm der Platz an Gottes rechter Seite angeboten. Nun kommt Trump: Auf die Frage, woran er glaube, setzt er sich einfach an Gottes Platz.
Der Mensch auf dem Thron Gottes, er fühlt sich berechtigt, die Welt mit Krieg zu überziehen, wenn an seiner angemaßten Stelle gezweifelt wird. Er sieht nur seine Bedürfnisse, ist nicht bereit, auf den anderen zu hören, weil die Erweiterung seiner selbst das Maß der Richtigkeit darstellt. In der Weltfriedensbotschaft für das heurige Jahr beschreibt Papst Franziskus den Frieden „als Weg des Zuhörens auf der Grundlage der Erinnerung, der Solidarität, der Brüderlichkeit“. Im Hinhören tun sich erst die Stellen der Gemeinsamkeit auf, aus denen der Friede erwachsen kann. Im Zuschlagen wird die Basis zerstört, aus der die Hoffnung auf Frieden entstehen kann.
Dieses Hinhören erfordert aber Geduld, das beharrliche Bemühen um Verstehen. Was aber ist, wenn ich mich nur selbst verstehen will – und auch das nicht kann?

Leopold Neuhold

Autor:

Ingrid Hohl aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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