Mutworte - Maria Menhart
Nichts oder alles ist gut genug

Schauplatz: Gasthaus in einem Tierpark zur Mittagszeit. Das Kind sitzt vor seiner Pizza und fragt: „Wann gibt’s Eis?“ Da platzt den Eltern der Kragen (es dürfte heute nicht die erste Frage des Kindes in diese Richtung gewesen sein): „Kannst du nicht einmal zufrieden sein, mit dem was du hast?“ Dem Kind, den Tränen nahe, ist der Appetit vergangen. Wie gut kenne ich diese Szene aus eigener Erfahrung! Von außen betrachtet, da meine Kinder ausnahmsweise zufrieden vor ihren Pommes sitzen, tun mir Kind und Eltern leid. Verstehen kann ich beide Seiten. Es ist heiß, das Kind hat Lust auf Eis. Den Eltern ist ebenfalls heiß, sie bezahlten den Eintritt, schleppten sich durch den Tierpark zur Lieblingspizza des Kindes, aber scheinbar ist das alles nicht gut genug.
Zufrieden sein, mit dem was ist. Klingt leicht, ist es aber auch für Erwachsene (zumindest für mich) nicht. Ich möchte z. B., dass meine Kinder sich in der Schule anstrengen, denn vielleicht geht sich dann statt einem „Gut“ ja ein „Sehr gut“ aus. „Ist ein Gut nicht gut genug?“, fragt meine Tochter. Ich möchte, dass das Zimmer so aufgeräumt wird, wie ich es will. „Ist aufgeräumt, so wie ich es will, nicht gut genug?“, fragt mein Sohn. Ich möchte eine Mutter sein, die nie Fehler macht … „Ist eine Mutter, die einmal mehr, einmal weniger Fehler macht, nicht gut genug?“, frage ich mich selbst. Ich wünsche mir den Mut, zufrieden zu sein. Mit mir und meinen Kindern, so wie wir sind. Vielleicht gelingt so ein zufriedener Ausflug. Gut, so wie er ist. Mit oder ohne Eis.

Mag. Maria Menhart
ist pädagogische Mitarbeiterin im Katholischen Bildungswerk.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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