Offen gesagt - Ruth Kathrin Lauppert-Scholz
Neuer Antisemitismus
Erleben Sie heute noch Antisemitismus? In welcher Form?
Ja, Antisemitismus ist nicht nur für mich, sondern für alle Juden und Jüdinnen, mit denen ich spreche, erlebbar und sogar im Anstieg. Die bekannten antisemitischen Ereignisse des vergangenen Jahres sind nicht unbedingt nur Ausdruck eines klassischen rechten Antisemitismus, der in Österreich noch immer einen konstanten Bodensatz bildet. Sie sind auch eine Form des Antizionismus, einer Judenfeindschaft also, die auf den Staat Israel abzielt, aber Juden und Jüdinnen weltweit meint. Dieses Phänomen ist nicht nur bei Migrantinnen und Migranten mit islamischem Hintergrund festzustellen, sondern betrifft vor allem auch die bürgerliche Mitte in Österreich und auch vereinzelt Menschen, die sich zum linken politischen Spektrum zählen.
Daneben tauchen jetzt in der Coronapandemie alte Verschwörungstheorien gepaart mit Antisemitismus auf. Kinder, die nicht wie gewohnt ihren Geburtstag feiern können, vergleichen sich mit dem Schicksal der Anne Frank, Demonstrierende bemühen Sophie Scholl, und Menschen tragen einen sogenannten „Judenstern“ mit dem Vermerk „Ungeimpft“. Solche Phänomene sind keine Aufwertung des Schicksals des jüdischen Volkes, sondern sind zutiefst antisemitisch.
Mag.a Ruth Kathrin Lauppert-Scholz MA
ist Kulturvermittlerin bei Granatapfel Kulturvermittlung.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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