Positionen - Svjetlana Wisiak
Na bumm!

Neulich in Wien. Während ich bei schweißtreibenden Temperaturen von Termin zu Termin eile, entgeht mir nicht die Ironie der Tatsache, dass ich in meinem Auto besagte Hitze zweifelsohne mit verursache. Möchtegern-, aber De-facto-nicht-Multitaskerin, die ich bin, lenke ich meine Konzentration auf Straßenbahn-Ausweichmanöver und verursache einen kleinen Unfall. Mit angeknackstem Kennzeichenhalter und Ego steige ich aus dem Auto und mache mich auf das Donnerwetter des stereotypen Wiener Autofahrers gefasst. Statt Gebrüll erwarten mich zwei freundliche junge Herren. Auf deren erste Reaktion – die Frage nach meinem Gesundheitszustand – folgt wiederholt die beruhigende Beteuerung: „Kann schon einmal passieren.“
Routiniert lotst mich der Taxifahrer außer Dienst an einen sicheren Ort, um den Unfallbericht auszufüllen. Solidarisch steht man an der wetterbedingt zur Herdplatte mutierten Motorhaube und beginnt dabei zu keppeln, zu scherzen. Zum Abschied bekomme ich sogar ein: „Hat mich gefreut, dich kennen gelernt zu haben.“ Und so fahre ich mit der klappernden, verbogenen Nummerntafel hinter der Windschutzscheibe weiter und komme ins Grübeln:
Wo sind schäumende Wut, wüste Beschimpfungen und egoistische Forderungen geblieben? Wie konnten mir in dieser selbstverschuldeten Situation Freundlichkeit, Verständnis und Mitgefühl widerfahren? Und so komme ich zum Schluss, dass wir viel mehr dieser taxifahrerischen Gelassenheit in unserem Leben brauchen. Denn: Stellen Sie sich vor, es ist Streit, und niemand geht hin! Ach ja – und fahren Sie Rad!

Svjetlana Wisiak

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ