Mutworte - Christa Carina Kokol
Morgen gehen wir spazieren …

Foto: Neuhold

„Das Leben hat unter allen Umständen Sinn.“ Dieses Credo Viktor Frankls klingt angesichts der Opfer von Kriegen, Naturkatastrophen und traumatischen Schicksalen beinahe zynisch.

Mit dem Sonntagsblatt-Team konnte ich im Theater Klagenfurt die beeindruckende Aufführung der Oper „Hiob“ nach dem Roman von Joseph Roth erleben. Ein Unglück nach dem anderen, auch ausgelöst durch falsche Entscheidungen, ereilt „Hiob“ Mendel, einen Menschen wie du und ich. Zwei seiner Söhne fallen im Krieg, seine Frau stirbt an gebrochenem Herzen, die Tochter wird wahnsinnig. Seinen geliebten behinderten Sohn Menuchim musste er allein zurücklassen, um den weiteren Familienangehörigen ein besseres Leben zu ermöglichen. Dass Menuchim durch seine damalige Entscheidung kaum überlebt haben wird, lässt den rechtschaffenen, gläubigen Vater endgültig verzweifeln: Frau und Kinder tot. Gott tot. Gott? Oder das menschlich gemachte Bild von ihm?

Am Boden zerstört, begegnet Mendel seinem einst hilflosen Sohn Menuchim, der gesundet nun fest im Leben steht. „Morgen gehen wir spazieren“, lautet der letzte Satz der Oper, den Mendel an seinen Sohn richtet. Banal – und doch voll Hoffnung, dass der Weg weitergeht, trotz und durch schlimmste Erfahrungen und menschliche Fehlentscheidungen.

Stell dir vor, du entscheidest dich heute, dass dein Leben unter allen Umständen Sinn hat. Was macht diese Entscheidung mit dir?

Christa Carina Kokol ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ