Mutworte
Lassen statt Lenken
„Meine Frau und ich streiten uns inzwischen fast täglich wegen unserer beiden Söhne (17 und 15 Jahre). Wir haben unterschiedliche Erziehungsvorstellungen. Als die Kinder kleiner waren, konnten wir gemeinsame Lösungen finden. Das gelingt uns jetzt kaum mehr.“
Eine seltsam anmutende Situation: Das, was weit mehr als ein Jahrzehnt gut gelang, gelingt jetzt – sozusagen „auf die letzten Meter“ – nicht mehr. Vielleicht ist die Zeit um, in der Sie als Eltern einen lenkenden Einfluss auf Ihre Kinder haben können. Ihre Söhne gehen mit großen Schritten in Richtung erwachsenes Leben. Vielleicht ist schon längst die Zeit angebrochen, in der Ihre elterliche Aufgabe im Wesentlichen im vertrauensvollen Begleiten besteht. Diese Zeit ist eine neue Herausforderung für Eltern. Nicht das Lenken, sondern das Lassen steht im Vordergrund.
Wie schauen Sie auf Ihre Söhne? Sie und Ihre Frau blicken aus unterschiedlichen Perspektiven heraus. Diese verschiedenen Blickwinkel bezeichnen nicht richtig und falsch, sondern zwei wesentliche Blickwinkel, aus deren Zusammenschau sich erst räumliches Sehen ergibt. Tauschen Sie sich mit Ihrer Frau aus, wie und was Sie erkennen, denken, fühlen.
Ihre Aufgabe ist, sich gegenseitig zu stärken, statt richtig oder falsch zu ermitteln. Es geht um Ihre verbundene Gemeinsamkeit, aus der heraus Sie Ihre Kinder ins Leben entlassen.
Das Schönste, was Sie Ihren Kindern und sich selbst schenken können, ist eine friedliche und achtungsvolle Atmosphäre der Zuversicht – in diesem Leben und für dieses Leben.
Das eben so ist, wie es ist.
Dipl.-Psych. Anna Schreiber ist Psychotherapeutin in Karlsruhe.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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