Positionen - Karl Veitschegger
Heiliger Dissens
Petrus und Paulus – so unterschiedlich: Der eine, ein einfacher Fischer, ist Begleiter des irdischen Jesus und tritt früh als Wortführer seiner Jünger und Jüngerinnen auf. Der andere, ein theologisch gebildeter Zeltmacher, zuerst fanatischer Gegner der Jesusbewegung, wird erst durch sein „Damaskus-erlebnis“ zum Apostel. Der eine gilt als „Fels“ der Kirche, der andere als innovativer Künder christlicher Freiheit: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“ (2 Kor 3,17).
Beide sind von Jesus berufen. Beide gehören zum Fundament der Kirche. Zwei maßgebliche Apostel, die – wie wir aus der Bibel wissen – auch miteinander im Streit liegen können: „Als Kephas (Petrus) nach Antiochia gekommen war, habe ich (Paulus) ihm ins Angesicht widerstanden, weil er sich ins Unrecht gesetzt hatte“ (Gal 2,11). Konflikte gehören von Anfang an zur Kirche.
Liebe zur Tradition und Offenheit für Neues stehen oft in Spannung zueinander, ebenso Einheit und Vielfalt.
Da kann schon hin und wieder heftiger Streit ausbrechen. Und Gott mutet seiner Kirche solche Konflikte zu.
Er will, dass sie offen ausgetragen werden. Kein unehrlicher Konsens. Ohne Dissens kein Fortschritt. Petrus und Paulus streiten miteinander, aber sie entzweien sich nicht. Sie halten einander aus, weil beide an die Dynamik des Evangeliums glauben. Schließlich bezeugen sie das mit ihrem Blut.
Petrus und Paulus – unverwechselbar verschieden und doch so verbunden, dass beide gemeinsam am 29. Juni gefeiert werden.
Karl Veitschegger
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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