Mutworte - Christa Carina Kokol
Gretchens Frage

Foto: Neuhold

„Nun sagʼ: wie hast duʼs mit der Religion?“ Die Gretchenfrage beantwortet Faust diplomatisch: „Wer darf (…) bekennen: ‚Ich glaub Ihn?‘ Wer (…) sich unterwinden zu sagen ‚Ich glaub Ihn nicht?‘“ „Ihn“ - nicht „an Ihn“ – eine entscheidende Nuance.

Ich fühle mich Goethe und seinem „Faust“ sehr nahe. Wer kann von sich zweifelsfrei behaupten, Gott zu glauben oder nicht zu glauben? Vielmehr hoffe ich, dass mein Leben einen einzigartigen Sinn hat und in einem letzten Sinn, den Gläubige Gott nennen, vollendet und erhöht wird.

Da ich als Mensch fähig bin nach Sinn zu fragen, ist diese Hoffnung auch vor der Vernunft zu rechtfertigen. Doch niemand auf dieser Welt kann über Zeit und Raum hinausdenken. So benennt Karl Rahner die „Unbegreifbarkeit“ als Gottes „Eigenschaft aller Eigenschaften“. Indem ich auf Gott hoffe, wachsen in mir Vertrauen, Wertschätzung und Liebe. Und Vertrauen heißt letztendlich nichts anderes als glauben.

Glaube, Hoffnung und Liebe, drei Geistesgaben aus Gottes Fülle, sind nicht dem Verbrauchsmechanismus der Welt unterworfen. Sie sind nicht mess- und beweisbar – aber lebensnotwendig. Und so wage ich meine persönliche Antwort auf „Gretchens“ Frage.

Christa Carina Kokol ist Dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor Frankl.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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