Mutworte - Ruth Zenkert
Gerechtigkeit gewinnt
„Sag Sebi zu mir!“, sagte der neugewählte Bürgermeister, während er sich Gummistiefel anzog. Dann gingen wir zum Cartier de Tigani, dem „Zigeuner“-Viertel. Schon beim ersten Haus packte er den Hausvater am Kragen. „Wir haben dir alles gegeben, was du brauchst, ein Haus, Kleidung, Lebensmittel. Wenn du deine Kinder nicht zur Schule schickst, bekommst du Probleme mit mir, mit mir persönlich!“ Sebi, der Bürgermeister, liebt seine Leute, auch die (sogenannten) Zigeuner, obwohl das hier riskant ist. Denn ein Politiker, der sich für sie einsetzt, bekommt von den anderen keine Unterstützung. Mit Sebi hat dieses Dorf eine Zukunft!
Ganz anders ein paar Dörfer weiter. Da saß ein Patron der alten Garde im Chefsessel, um ihn herum sein Team, alle unter einer Decke, bereichert durch Güter aus der „Privatisierung“ von Staatsbesitz. Seine Zusage, in das Cartier de Tigani – das gibt es hier in jedem Dorf – Wasser und Strom einzuleiten, hat er nicht eingehalten. Vor den Wahlen pflanzte er sich bei ihren Hütten auf und ließ alle herauskommen: „Ihr lebt alle hier ohne Dokumente. Eines sag ich euch, wenn ihr mich nicht wählt, lasse ich das ganze Viertel hier abreißen! Und ich werde herausbekommen, wer mich nicht wählt. Der hat hier kein leichtes Leben mehr.“ Alle meinten, dass er wieder Bürgermeister werden würde. Welche Überraschung war die Nachricht am nächsten Morgen, dass er nicht mehr gewählt worden war! Jetzt ist der Weg offen für eine gerechte Politik und eine bessere Zusammenarbeit mit uns. Wo beginnt Gerechtigkeit?
Ruth Zenkert
ist Mitarbeiterin der von P. Georg Sporschill, SJ., gegründeten sozialen Werke in Rumänien. Aus: elijah.ro/bimail
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.