Mutworte - Sabine Petritsch
Falscher & echter Mut

Foto: Neuhold

Szene im Bus: Zwei Menschen mir gegenüber sprechen so, dass ich zur unfreiwilligen Zuhörerin wurde. Ärger steigt in mir hoch. Ich, gewillt, etwas zu sagen, tu es doch nicht, es ging nämlich um Mut. Eine Person sucht nach einer Strategie, um sichtlich ihre Interessen im Team durchzusetzen, und fragt ihr Gegenüber um Rat.

Die Antwort lässt mich bis jetzt nicht los: „Begib dich doch in die Position des Schwächeren, des Schützenswerten bei dem Vorgesetzten! Spiel nicht mit Stärke, sondern mit dem Gegenteil, und dann zieh die Karte, dass du ja so viel Erfahrung, Kompetenz, Wissen hast und wie schlecht es dir geht.“ Empfohlen wurde weiterhin, nicht zur Übertreibung zu neigen, sondern wohldosiert zu streuen, und – aufgepasst – „um Hilfe bitten ist ja so mutig“, hat sie gesagt, dann sei eines garantiert: Erfolg bei der Durchsetzung eigener Interessen.

Ich war baff einerseits, andererseits gehöre ich auch wohl zu jenen, die die „Armen“ im Blick haben möchten, so wie ich auch die Botschaft Jesu verstehe. Was unterscheidet nun „falschen“ vom – wie ich es nun nenne – „echten Mut“? Einsatz? Überwindung? Konfrontation? Wachstum und Reife?

Wer jemals von der eigenen Not nur durch fremde Hilfe befreit worden ist, weiß, was das bedeutet. Da grenzt strategischer Einsatz des Stilmittels Schwäche an Zynismus.

Das Gespräch ist dennoch lehrreich für mich, auch wenn es nichts ändert am Festhalten des Grundsatzes: Um Hilfe zu bitten ist mutig. So sehe ich das auch weiterhin, nur weniger blauäugig.

Sabine Petritsch ist Theologin und zertifizierte Pastoralpsychologin.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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