Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Er hat alles Leid und alle Schuld getragen

In der Grabeskirche besuchen wir bei unserer Pilgerreise ins Heilige Land natürlich auch Golgota, den Ort des Kreuzestodes Jesu. Vor den zahlreichen Lampen und den innehaltenden Pilgern wird einem gar nicht bewusst, an einer Hinrichtungsstätte zu stehen.
Als wir zwei Tage später die Holocaust-Bedenkstätte Yad Vashem besuchen, mache ich darauf aufmerksam. Hier betreten wir nicht nur dunkle Räume, sondern tauchen ein in die dunkelsten Abgründe der Unmenschlichkeit. Unendliches Leid begegnet uns und eine übergroße Schuld. Töten und Vernichten macht man sich oft „leichter“, indem man den Betroffenen das Menschsein abgesprochen hat. In Yad Vashem bekommen die Ermordeten wieder Namen und Gesichter. Sie werden herausgeholt aus den Gräbern der Statistik.
Beides, das Leid der Welt und die Schuld der Welt, hat der Hingerichtete auf Golgota am Kreuz auf sich genommen. Über dem Kreuz steht der Name Jesus, die Herkunft aus Nazaret und aus dem Volk der Juden. Der Karfreitag, auf den wir uns in der Fastenzeit vorbereiten, soll uns nicht das Leid eines einzelnen vor Augen halten, sondern das geballte Ausmaß des Leides, das wir Menschen einander und anderen Geschöpfen antun. Gott leidet in jedem Einzelschicksal. Was ihr den Geringsten meiner Brüder und Schwestern angetan habt, das habt ihr mir angetan.
Bäume stehen in Yad Vashem für jene, die sich damals zu helfen getrauten. Der Baum des Kreuzes steht für den, der den Aufstand aus den Gräbern der Welt ermöglicht.

Herbert Meßner, Chefredakteur

Autor:

Ingrid Hohl aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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