Mutworte - Anna Schreiber
Ein anders Wort für Druck

„Bei meiner Arbeit habe ich Druck, meine Frau macht mir oft Druck, und selbst in der Kirchengemeinde erlebe ich, dass Druck auf mich ausgeübt wird. Mir wird das alles zuviel, ich sehe keinen Ausweg.“
„Alle wollen etwas von mir“, schreiben Sie. „Alle wollen etwas, und ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich überhaupt bin und was ich will.“ Das ist genau der springende Punkt. Mit dieser Frage haben Sie eine zentrale Fragestellung schon selbst gefunden, die Sie in Richtung Lösung und Ausweg aus der Enge führen kann: Was will eigentlich ich? Sie haben die Verantwortung dafür, wie Sie leben. So einfach – und oftmals so schwer.
Erlauben Sie mir, mit Ihnen zunächst einen Schritt zurück zu gehen: Sie sind außerordentlich feinfühlig in der Wahrnehmung Ihrer Mitmenschen. Das ist eine hohe Kompetenz. Sie können sich bitte auf die rechte Schulter klopfen und auf die linke gleich auch noch.
Und nun geht es weiter: Diese Fähigkeit hat ein Gegenstück: SICH SELBST gut wahrnehmen und „fühlen“ zu können. Und hier sind wir bei Ihrer Frage: Und was will ich? Es bedarf der Abstimmung, immer wieder: Was wollen die anderen, UND was will ich? Die erste Frage können Sie leicht beantworten. Die Antwort auf die zweite Frage hingegen fällt Ihnen nicht so leicht. Dort liegt Ihre Übung.
Und jetzt kommt noch ein kleiner Trick zum Schluss: Ersetzen Sie einmal probeweise das Wort „Druck“ durch „Erwartungen anderer“. Erwartungen sind Wünsche – nicht weniger, aber mehr auch nicht.

Dipl.-Psych. Anna Schreiber
ist Psychotherapeutin in Karlsruhe

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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