Offen gesagt - Margaret Karram
Die innere Mauer
Einheit ist ein Grundziel der Fokolar-Bewegung. Wie erleben Sie die in Ihrem Heimatland Israel?
Ich bin in einer arabischen, also palästinensischen katholischen Familie in Haifa, im Norden Israels, aufgewachsen. In der Schule war ich umgeben von Juden, arabischen Christen und Muslimen. Unsere Eltern haben uns dem Evangelium gemäß erzogen, dass Jesus alle Menschen geliebt hat. Ich kannte aber auch die Leidensgeschichte meines Volkes und trug in mir diesen Konflikt: Bin ich Christin? Palästinenserin? Oder bin ich Israeli, weil ich im Staat Israel lebe?
Mit 14 Jahren habe ich die Fokolar-Bewegung kennen gelernt und war fasziniert von ihrem Ziel, die innere Einheit zu leben. Lange dachte ich, ich müsse für das Recht meines Volkes kämpfen. Dann verstand ich, dass ich die Menschen nicht ändern kann, aber mein Herz. Wie ich mit jeder Person umgehe, ändert die Beziehung, die wir zueinander haben. Das kann unsere Gesellschaft verändern und eines Tages zu Frieden führen.
In Israel versuchte ich Menschen unterschiedlicher Religionen zusammenzubringen. Denn jeder lebt in seinem eigenen Stadtteil, und es gibt kaum Kontakt untereinander. Da ist viel Unwissenheit und Ignoranz. Begegnung und wirkliches Kennenlernen kann die Mauer zum Einsturz bringen, die jeder in sich trägt. Aber es ist ein langer Weg.
Margaret Karram wurde 2021 zur Präsidentin der Fokolar-Bewegung gewählt.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.