Mutworte - Christa Carina Kokol
Das Lied der Schaukel

Foto: Neuhold

Weihnachten – ein Höhepunkt des Jahres. Nein, nein, es ist nicht die Hitze, ich denke auch an einen weiteren Höhepunkt meiner Kindheit – den jährlichen Lignano-Urlaub mit abendlichem Strandschaukeln. Ich liebte es, mich unter dem Sternenzelt schwebend zu erheben, während meine Mutter eine „schwingende Schaukel“ besang, die „hoch in den Himmel fliegt“. Und bei jedem Höhenflug fühlte ich mich einer glücklichen Prinzessin gleich. Dennoch musste ich immer wieder – oft auch unsanft – am Boden der Erde landen.
Als ein Maler den Auftrag erhielt, das Leben künstlerisch darzustellen, malte er eine Schaukel. „Eine Schaukel hängt nicht starr nach unten, sie nimmt immer wieder Anlauf zu einem neuen Aufschwung“, erklärte er dem Auftraggeber. Da eine Schaukel ständig in Bewegung ist, zeigt sie das Prinzip des Lebens mit seinem Auf und Ab, seinen Höhen und Tiefen.
Als Menschen können wir das große Geheimnis, das viele Gott nennen, nicht begreifen – doch erahnen, wann immer wir uns mitten im Alltag emporschwingen. Aber auch dann, wenn wir uns tief unten von einer Hand gehalten wissen, die uns nicht ins Bodenlose stürzen lässt.
Ohne jemanden zu verschaukeln oder unsere Probleme sowie die Schwächen anderer hochzuschaukeln, werden wir in guten Augenblicken unseres Lebens bis „in den Himmel fliegen“ und uns groß und wertvoll fühlen. Zu Recht – denn wir sind einmalig und einzigartig auf dieser bewegenden Welt – egal ob wir gerade oben oder unten sind.

Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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