Positionen - Elisabeth Wimmer
Auf der Murmelbahn

Wieder einmal gab’s eine Diskussion bei Tisch. Es ging ums Klima. Wieso denn so ein Getue gemacht werde um die Klimaziele: dass der Temperaturanstieg durch Treibhausgase unbedingt auf nur 1,5 Grad begrenzt werden soll. Das müsse man ja wohl nicht so genau nehmen, ein Grad mehr oder weniger, was sei das schon, Pariser Klima-Abkommen hin oder her. „Aber sonst kippt alles“, sagt jemand, „und dann gibt’s kein Zurück, und wenn wir uns noch so sehr abkühlen wollten.“
Schwierig, schwierig, dachte ich. Solche Fragen sind ja tatsächlich kaum nachvollziehbar in unserem alltäglichen Tun und Wollen zwischen Sonnenaufgang und der Abenddämmerung, so schwer einordenbar in den Bogen eines Menschenlebens − und sie stören das bequeme Leben, an das wir uns gewöhnt haben, zumindest in unseren Breiten.
Und ich erinnere mich, dass der Arktisforscher Markus Rex in seinem Buch „Eingefroren am Nordpol“ die Klima-Kipppunkte mit einem Vergleich erklärt: Man stelle sich eine riesige Murmelbahn durch Gebirgstäler vor. Solange die Murmel in einem eher flachen Tal nach unten rollt, kann sie vielleicht, auch wenn sie durch seitliches Anstupsen abgelenkt wird, wieder in ihre ursprüngliche Bahn zurück, wenn das Anstupsen aufhört. Gerät sie aber mit zu viel Schwung über einen Sattel in ein Nebental, das vielleicht sogar noch steiler verläuft, wird sie nie wieder in ihr urspüngliches Tal zurückkehren können. So was kann man dann „Point of no return“ nennen.
Ist uns das − wenn es um das Weltklima geht − wirklich bewusst?

Elisabeth Wimmer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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