Caritas Steiermark
Zu Hause ankommen
Wohnungslosigkeit die Stirn bieten will das neue österreichweite Projekt „housing first österreich – zu Hause ankommen“. Zwischen Obdach- und Sorglosigkeit.
Wohnungslosigkeit kann jede und jeden treffen. Junge Menschen, die keinen Zugang zum Wohnungsmarkt finden, Frauen und Mütter, die versuchen, aus Abhängigkeits- und Gewaltbeziehungen auszubrechen, Menschen, die durch berufliche oder finanzielle Rückschläge ihr Zuhause verlieren, oder jene, die seit ihrer Kindheit von Armut betroffen sind. Häufig handelt es sich um eine komplexe Kombination verschiedener Faktoren. „Diese Menschen sind Teil unserer Gesellschaft und haben vielfältige Lebensgeschichten. Dennoch wird Wohnungslosigkeit oft als Randthema wahrgenommen, obwohl es ein weit verbreitetes Risiko ist,“ sagt Birgit Schörgi, Geschäftsführerin der Wohnplattform Steiermark, die seit 1986 im Bereich der Wohnungslosenhilfe tätig ist.
Das neue österreichweite Projekt „housing first österreich – zu Hause ankommen“ setzt auf den international erfolgreichen Housing-First-Ansatz. Statt in Notquartieren oder Übergangseinrichtungen unterzukommen, wird wohnungslosen Menschen direkt eine eigene Wohnung vermittelt. Sie unterschreiben einen Mietvertrag und kommen selbst für die Miete auf. SozialarbeiterInnen begleiten Betroffene. Krisen, Fragen zu Finanzen oder zur Bewältigung des Alltags werden in der eigenen Wohnung gelöst. Damit sollen mehr Menschen langfristig aus der Obdach- und Wohnungslosigkeit begleitet werden.
Laut Statistik Austria haben in Österreich bereits sechs Prozent der Bevölkerung eine Phase der Wohnungslosigkeit erlebt. Im Jahr 2021 wurden österreichweit 19.450 registriert wohnungslose Personen gemeldet, davon 1851 in der Steiermark. Die Dunkelziffer dürfte erheblich höher sein, insbesondere durch versteckte Wohnungslosigkeit.
Diese „unsichtbare“ Wohnungslosigkeit betreffe vor allem Frauen. „Sie leben oft in prekären Wohnverhältnissen, beispielsweise vorübergehend bei Bekannten, ohne Mietvertrag und ohne eigenen Wohnungsschlüssel“, erklärt Sandra Schimmler, Geschäftsführerin von Jugend am Werk Steiermark. Seit zehn Jahren unterstützt Jugend am Werk in Graz Betroffene und ebnet ihnen den Weg zu langfristiger Stabilität und Selbstständigkeit.
Über das neue Projekt freut sich auch Amrita Böker, Koordinatorin der VinziWerke Österreich: „In Graz wird der housing-first-Ansatz im Zuge des Projekts Solido angewandt. Durch ‚housing first österreich‘ können wir dieses Angebot nun erweitern und kommen unserem Ziel, Wohnungslosigkeit in der Steiermark nachhaltig zu beenden, ein Stück näher.“
Die Würde der Menschen respektieren
„housing first österreich“ bietet nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern respektiert die Würde der Menschen und gibt ihnen die Möglichkeit, ihr Leben zu verbessern. „Aus Erfahrung wissen wir: Es gibt nicht nur Obdachlosigkeit oder Sorglosigkeit. Dazwischen erleben wir viele Formen prekärer Wohnversorgung, und es ist sehr schwer, wieder im wahrsten Sinne des Wortes Boden unter die Füße zu bekommen, wenn man einmal aus dem System herausgefallen ist“, so Michael Lintner, Abteilungsleiter Wohnen der Caritas.
Für passenden, leistbaren Wohnraum arbeitet das Projekt eng mit dem Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen zusammen. In der Steiermark steht rund eine Million Euro zur Verfügung, um bis zu 100 Wohnungen zu vermitteln und damit rund 200 Personen in ein neues Zuhause zu begleiten.
housing first österreich
Das Projekt der BAWO, Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, wird in der Steiermark durch die Wohnplattform Steiermark gemeinsam mit Jugend am Werk, Caritas und VinziWerken umgesetzt. Eine Hotline ist geplant.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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